Foto: Nilz Böhme

Jacques Brel – ein französischer Chansonnier. Mein Lieb, mein Leid – der Titel verspricht Dramatisches. Fakten, die nichtmal ansatzweise eine Vorstellung dieser „Inszenierung“ bieten. Es ist ein kleines Stück im Foyer, doch wie andere dort angesiedelte Stücke zum Beispiel „Der kleine Prinz“ einst, vermag es den engen Raum in einen anderen, wundervollen Ort zu transformieren. Beim Schritt hinter den Vorhang, nach Einlass in den Zuschauerraum eröffnet sich ein barähnliches Sitz-Arrangement. Hier sind Getränke erlaubt und tragen ihren Teil zur entspannten Atmosphäre bei. Die Tischdeko ist dezent und doch auffällig, da sie einen Überblick der Protagonisten dieses Abends bietet. Ein Blick auf die Bühne offenbart auch dort eine Konzentration aufs Wesentliche (Ausstattung: Christiane Hercher): Schlagzeug, verschiedene Gitarren, Akkordeon, Klavier, Stühle und Rotweinflaschen. Kein Theaterstück und kein Konzert. Mein Lieb, mein Leid eignet sich sowohl für Brel-Kenner, als auch für Neulinge auf diesem Gebiet. Einzige Voraussetzung: Aufmerksamkeit. Nicht nur für die Protagonisten als Musiker, sondern auch für die Akteure in ihrem Zusammenspiel. Thomas Schneider hat sich für sein Jubiläumsjahr am Theater mit Ralph Opferkuch zusammen diesen Liederabend erdacht. Sie sind Schauspieler, bekannt aus diversen Inszenierungen der vergangenen zwei Spielzeiten am Theater Magdeburg, dennoch setzen sie mit ihrer Hommage an Jacques Brel Maßstäbe. Morbide Texte, melancholische Melodien, fröhliche Harmonien, authentisches Spiel. Sympathisch und spannend agieren nicht nur die beiden bekannten Theater-Gesichter auf der Bühne, sondern mit ihnen Max Dost am Schlagzeug und Martin Müller am Akkordeon. Alle vier zusammen sind Brel. Sie loten verschiedene Facetten aus und helfen Jacques dabei, sich zu artikulieren. Keiner vermittelt das Gefühl, sich profilieren zu wollen. Alle vier sind genau richtig und zeigen eine Begeisterung für die Musik, die es vermag, auf das Publikum überzugehen. Eine gute Dosis Kitsch voller Liebe, Lebensfreude und morbider Lust. Was sie singen, wird fühlbar. Die See, das Rauschen des Meeres und eine kleine Brise, die die Küste entlangweht (Mein Flanderland). Mitunter zeigt sich eine Nähe zu den Werken Tom Waits‘ (Amsterdam), doch nicht nur das. Je nach eigenen Interessen wird jeder Zuhörer einen Weg finden, um sich der Musik des Liederabends zu nähern und dabei ganz eigene Beziehungen herstellen. Der Raum gibt es her. Die Gedanken sind frei und die Gefahr von Rotweinflecken auf weißem Hemd omnipräsent.