Er hat die dunklen Seiten Deutschlands gesehen, ist um die Welt gereist, um Deutschland zu finden, und nun kam er dahin zu Besuch, wo sonst nur der Pfeffi wächst. Manuel Möglich, bekannt geworden mit Wild Germany hat ein Buch geschrieben: “Deutschland überall: Eine Suche auf fünf Kontinenten” und kam damit auf Lesetour in den Moritzhof. Wir haben ihn vorher noch abgefangen.

Die Idee für dieses Interview hat eigentlich schon vor ein paar Wochen als Schnapsidee begonnen, und zwar im wortwörtlichen Sinne. “Hey Manuel, wir würden dich auf ein paar Bier einladen, wir ziehen ein wenig um die Häuser, trinken vielleicht auch mal einen Schnaps, und quatschen.” Wir hatten schon große Träume: ‘Durch die Nacht mit Manuel Möglich’, viel Aufmerksamkeit – der Henri-Nannen-Preis wäre uns sicher gewesen.

“Ich muss am nächsten Tag ziemlich zeitig weiter, von daher ist um die Häuser ziehen eher nicht drin.” Hach, aus der Traum. Aber gut, ein Vorgespräch hat er uns angeboten. Und da wir schlussendlich ja schon lange Groupies sind, wollten wir uns diese Gelegenheit doch nicht entgehen lassen. Schnaps haben wir dennoch einpackt. Und die Mia, denn die hat sein aktuelles Buch gelesen – kann ja nicht schaden.

Magdeboogie: Manuel, herzlich willkommen, da wo der Pfeffi wächst.

Manuel Möglich: Der wächst aber im ganzen Osten, oder? In Erfurt hat mir wirklich jemand erzählen wollen, dass der Pfeffi aus Erfurt kommt. Ich glaub, es ging darum, das er da erfunden wurde. Der war auch total irritiert, dass ich das kannte. Ich so, das is jetzt nicht was total Geheimes. Im Osten gibts das echt gefühlt überall. Aber das konnte ich diesem Menschen schwer beibringen. Wir haben einfach einen getrunken, dann ging das irgendwie auch.

Magdeboogie: Als Einstiegsfrage eher so ein Satz zum beenden. “Höre ich Magdeburg, denke ich an…”

Manuel Möglich: Handball. Ich muss ganz ehrlich gestehen, ich überleg, was fällt mir sonst zu Magdeburg. Das hab ich eben auch noch gelernt, dass es Magdeburg heißt, nicht Maaaaaagdeburg. Das wär das zweite, an das ich jetzt denken würde, aber das erste ist tatsächlich Handball. Obwohl ich mit Handball nichts zu tun habe, aber hier spielt man guten Handball?! Oder spielte?

Magdeboogie: Tatsächlich hat der SCM 2002 die Champions League gewonnen. Und Kretzsche war hier mit reichlich Volksnähe ein großer Sympathieträge. Der Hype ist aber mittlerweile abgeflacht. Mittlerweile ist es wieder mehr der Fussball. Dritte Liga und so.

Manuel Möglich: Dritte Liga is auch nicht schlecht, aber Handball ist das allererste gewesen, was mir einfiel.

Magdeboogie: Wusstest du, was man findet, wenn man “Manuel Möglich Deutschland überall” bei Amazon eingibt, bei “Diese Kunden kauften auch”?

Manuel Möglich: Ja, ich glaub, ich hab ne Ahnung, auf was ihr anspielt. Das wurde ich schon das ein oder andere Mal gefragt. Ein Buch von Annelie Keil. Das heißt “Wenn die Organe ihr Schweigen brechen”.

Ich hab auch die Erklärung dafür. Das liegt einfach daran, dass ich in einer Fernsehsendung war, die heißt “3 nach 9”. Die älteste Talkshow, die es eigentlich gibt. Und als ich in dieser Sendung zu Gast war, war Annelie Keil auch da. Wir waren die einzigen beiden, die also auch wegen Büchern da waren und wir kamen in dieser Sendung eigentlich ganz gut klar. Ich nehme einfach mal an, dass das der Auslöser war, warum viele dachten: “Ach die beiden waren vielleicht ganz sympathisch.” Das ist der logische Algorithmus, der wahrscheinlich daraus entstanden ist. Dass die Zuschauer dieser Sendung dann beide Bücher gekauft haben.

Magdeboogie: In dieser Sendung hast du auch von deinem Delirium erzählt, als du dir aus Langeweile einen ganzen Eimer Kava gegönnt hast. Nadine aus unserer Community wollte wissen, wieso eigentlich?

Manuel Möglich: Weil ich einfach nichts zu tun hatte an diesem Tag und es war irgendwie wahnsinnig schlechtes Wetter und ich dachte, ich hab hier jetzt so viel Pulver für 5 Liter. Ich wollte mal gucken, was passiert, wenn ich das jetzt trinke. Ich bin irgendwann dann eingeschlafen und hab den halben Tag verpennt. Ich dachte mir, ich trink das jetzt einfach aus, bezahlt ist bezahlt, mal gucken, vielleicht gibts noch eine andere Wirkung.

Im ganzen Südpazifik ist es so ein Teil…hm…”Volksgut” ist jetzt vielleicht nicht das richtige Wort. Das kann man halt überall kaufen, weil das für religiöse Zeremonien, Manneswerdung und sowas genutzt wird. Man kann das für ganz kleines Geld nicht nur auf Samoa, sondern auch Hawaii und anderen Inseln kaufen. Hier in Deutschland, und auch das kam in der Sendung mit Annelie Keil zu Thema, ist das ja verboten. Das ist so ne Grauzone. Ich glaub, du kannst das schon kaufen, aber es kostet einfach total viel und ich hab für diesen Beutel da 3,50 Euro bezahlt und die haben wohl für so ein bisschen was 30 Euro bezahlt.

[Disclaimer: in seinem Buch steht auch noch mehr zu dieser Episode]

Magdeboogie: Dadurch, dass du ja soviel gereist bist, wie hat sich dein Blick auf Deutschland geändert? Siehst du jetzt irgendwas mit anderen Augen? Hat sich deine Wahrnehmung auf ‘deutsche Werte’ irgendwie verschoben?

Manuel Möglich: Ne, das eigentlich nicht. Ich hab auf jeden Fall im Prozess dieses Buches, aber auch davor, wenn ich unterwegs war, für mich immer nach der Reise festgestellt, dass es Dinge hier gibt, die ich oft für gegeben und selbstverständlich nehme, aber die gar nicht so selbstverständlich sind.

Das wird mir dann oft bei Aufenthalten im Ausland klar, dass man merkt, dass die Infrastruktur hier ja eigentlich ganz gut funktioniert, auch wenn jeder sich über die Bahn beklagt. Im Grunde ist das total belanglos, mal zehn Minuten zu warten. Das funktioniert schon extrem gut. Das sind so naheliegende Sachen, aber es geht natürlich auch um andere Geschichten.

Das habe ich jetzt gerade nochmal gemerkt. Ich war im Sommer für zehn Tage im Iran, und als Mann ist man da durchaus privilegiert, aber irgendwie auch sehr beklemmend. Wenn man Frauen sieht, die nur verschleiert sein müssen und man sich selbst nicht an so viele Regeln halten muss.

Das einfach diese Freiheit hier ist, das ist total viel wert und das merkt man wirklich dann erst, wenn man es nicht mehr hat. Auch wenn das auf einer Reise super war, nimmt man irgendwie Sachen mit, aber umgekehrt gibt es genügend Dinge, die es zu hinterfragen lohnt.

Magdeboogie: Also hat es dir an keinem Ort der Welt so gut gefallen wie in Deutschland, dass du irgendwann sagen würdest, dass du das Land verlässt?

Manuel Möglich: Mir hat das total gut gefallen an vielen Orten, aber ich weiß nicht, ob ich da auf lange Zeit an diesen Orten wohnen könnte. Es gibt einen Ort, wo ich schon gut leben könnte, wo ich nicht sofort, aber sehr schnell hingehen würde, wenn ich da das machen könnte, was ich hier mache und irgendwie mein Leben da finanzieren könnte. Das wäre Vancouver in Kanada, da war ich vor vier Jahren mal.

Das ist vielleicht echt so die schönste Stadt. Sehr entspannt, nicht zu groß, nicht zu klein, du hast da alles. Das Meer ist nicht weit weg, du hast die Berge, du hast unfassbare Natur, du hast da Kultur. Du hast eigentlich so alles und das ist total super. Da dachte ich so: Hier ist es gut, hier kann man sehr gut leben.

Aber das sind immer nur Momentaufnahmen. Wenn man irgendwo dann wieder richtig lebt , dann gibt es auch wieder diesen Alltag, der dann irgendwie anders ist. Vancouver find ich super, das könnt ich mir tatsächlich vorstellen, weil da war vieles, was passen könnte. Hier ist es mit Sicherheit irgendwie nicht so schlecht, aber es gibt bestimmt genausoviel andere Orte, die auch gut sind. Oder genauso gut. Oder besser.

Magdeboogie: Weil du vorhin gesagt hast, dass du einiges in Deutschland schätzen gelernt hast, zum Beispiel die Bahn, diese gewisse Regelmäßigkeit. Würdest du sagen, dass du stolz bist, Deutscher zu sein?

Manuel Möglich: Ne. Stolz nicht. Ich lebe total gerne hier und ich fühl mich auch sehr wohl in Deutschland, Aber für mich persönlich hat Stolz was damit zu tun, dass ich für eine Sache was getan haben muss. Ich kann darauf stolz sein, dass ich ein Buch geschrieben hab, ob das gut ist oder nicht, ist egal, aber ich hab was dafür geleistet.

Stolz auf das zu sein, was mir mitgegeben wurde, finde ich seltsam. Das wäre das gleiche wenn ich sagen würde: Ich bin wahnsinnig stolz darauf, ein Mann zu sein. Das kann ich auch gutfinden, aber stolz? Ich weiß nicht. Ich kann, finde ich, stolz darauf sein, dass wir in Deutschland ein Grundgesetz haben und dass ich da von meiner Art und Weise, wie ich lebe und denke, Dinge dazu beitrage, dass wir hier de facto oder theoretisch eine Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau haben. Auf sowas kann ich stolz sein, weil ich versuche, etwas dafür zu tun.

Aber jetzt einfach nur, dass ich Deutscher bin…wenn Leute Franzosen, Engländer oder Amerikaner sind, find ich genauso Banane zu sagen, ich bin stolz. Ich kann das gut finden, ich kann das auch ein bisschen mehr als nur gut finden, aber ich persönlich tu mich mit dem Begriff “Stolz” in dem Zusammenhang ein bisschen schwer.

Magdeboogie: Wie fühlt sich das dann für dich an, wenn du in den letzten Wochen TV gesehen hast und tausende von Refugees hast, die ankommen und sagen: “We love Germany”?

Manuel Möglich: Klar, das is ja genau. Dieses ganze Thema ist halt so bizarr. Die eine Seite, die hier herkommt und die ganz froh ist, hierherzukommen. Es geht um die Leute, die die mit offenen Armen begrüßen und es geht auch um die, die irgendwie mit verschränkten Armen stehen und sagen: “Haut ab”. Das ist ja total komplex.

Und da ist genau das, was ich mit dieser Demokratie oder dem System meinte. Ich finde, Rassismus ist keine Meinung, was viele Leute gern mal vergessen. Für mich ist es aber auch gut, dass wir in einem Land leben, wo Menschen ihren Müll auch ablassen können, denn das gehört ja zu Demokratie dazu, dass man sich damit auseinandersetzt, auch wenn das wehtut.

Wenn wir sagen würden, man muss alles totschweigen, dann würde man halt umgekehrt auch in einem System leben, was irgendwie auch restriktiv vorgeht. Man muss einfach irgendwie versuchen, mit diesen Leuten ins Gespräch zu kommen, was einfach das große Problem ist. An sich ist es gut, dass man in einem Land lebt, wo man sagen kann und denken kann, was man will. Und die Sachen, die man nicht sagen kann, kann man aus gutem Grund nicht sagen und Symbole zeigen.

Ich verstehe diese Leute schon. Ich finde das auch nicht komisch, wenn jemand hierherkommt, weil er von zu Hause flieht, weil dort ein Bürgerkrieg tobt und er sagt: “Ich liebe Deutschland” oder “Ich liebe Frankreich” oder “Ich liebe dieses Land, wo ich gerade aufgenommen werde und ne Zukunft vielleicht habe”; ob die jetzt temporär ist, für zwei Jahre oder für zwanzig oder für immer, spielt gar keine Rolle. Das würde mir wahrscheinlich ganz genauso gehen, wenn man um sein Leben fürchtet. Das finde ich nicht komisch.

Ich hab mir in dem Zusammenhang oft Gedanken gemacht, als dieses Buch auch entstanden ist. Es gibt BBC-Umfragen, in denen Deutschland ein paar mal das beliebteste Land der Welt war. Ich glaub das waren noch diese Nachwehen von der WM im eigenen Land. Ich weiß nicht, nach der Griechenland- und der Refugees-Debatte, wie Deutschland jetzt in der Welt wahrgenommen wird. Obwohl diese Refugees-Debatte, glaub ich, außerhalb Deutschlands nur positiv wahrgenommen wird. Freital, Nauen und all diese Orte werden in der internationalen Presse gar nicht so groß thematisiert, wie es in den deutschen Medien passiert, hab ich das Gefühl.

Magdeboogie: Das ist uns auch aufgefallen. Was vor ein paar Wochen hochgekocht ist ist, dass die Engländer Missverständnis geäußert haben. Ein englischer Professoren meinte: “Deutschland verliert total den Verstand und was soll das denn alles?” Die sind nicht wirklich auf der empathischen Welle mitgeschwommen. Da wurde nicht verstanden, warum plötzlich der andersartige Schwenk um 180 Grad da war, das wir gesagt haben, okay, wir machen die Grenzen auf.

Manuel Möglich: Ja, aber was ist die Lösung? So wie es Australien macht, mit einer brutalen Abschreckungstaktik…Ich weiß nicht. Die Idee eines vereinten Europa war ja mal, dass alle Länder zusammenkommen und der Schwächere irgendwie auch mitgezogen wird. Natürlich sind da manche Leute, die sich daran bereichert haben, was total asozial ist. Aber jetzt irgendwie deswegen auseinanderbrechen zu lassen, ich glaub nicht, dass das das Richtige ist.

Umgekehrt verstehe ich auch diesen ganzen PEGIDA-Irrsinn. Ich versteh total gut, warum alte Menschen frustriert sind und auf die Straße gehen, weil sie von ihrer Rente nicht leben können und in Mülltonnen nach Mehrwegflaschen suchen müssen. Das ist mega ätzend. Ich kann nur nicht verstehen, warum diese Leute nicht merken, dass sie sich vor einen Karren spannen lassen. Die könnten sich vors Rathaus stellen und sagen: “Wir wollen mehr Rechte und mehr Rente!”

Aber wenn du dich mit denen sympathisierst, weil da gerade mal so ein bisschen Aufmerksamkeit ist, dann ist das halt genau das, was nicht geht. Viele Leute, die da Schualustige sind oder mitlaufen, raffen eben nicht, was da abgeht. Ich glaub, dass das alles per se Nazis sind. Die wollen ja einfach ihre Probleme rauslassen. Aber es ist halt in diesem Kontext das dümmste, was sie machen können.

Magdeboogie: Wir haben uns zur Vorbereitung noch mal ein paar ‘Wild Germany’-Folgen angesehen. Ab und an habe ich mir die Frage gestellt: Was sagt denn eigentlich die Mama dazu? Was sagt denn die Mama dazu, dass sich der Manuel bis auf den Schlüppi auszieht und in einen Darkroom geht? Oder was sagt die Mama dazu, dass der Manuel sich mit nem Pädo-Aktivisten unterhält? Ist die stolz oder freut die sich?

Manuel Möglich: Da sind wir wieder bei Stolz. Ich glaube da trifft das zu. Die ist froh, wenn ich machen kann, was ich machen will. Die findet das gut. Die versteht jetzt auch nicht alles, was ich da so treibe und hat von den meisten Sachen noch nie gehört. Sie findet das immer ganz interessant und cool. Dieses Ausziehen, da hat sie eigentlich nie wirklich was dazu gesagt. Daher glaube ich, dass sie da auch kein Problem mit hatte.

Diese Pädo-Nummer, das ist in der Tat die wichtigste “Wild Germany”-Folge, die wir gemacht haben, wo wir auch ganz viel Zeit hatten, die in vielen Punkten ganz stimmig war. Aber es ist auch die einzige, in der ich irgendwann auch nicht das gemacht hab, was ich immer gemacht hab. Total frei und vorbehaltlos gegenüber meinem Gegenüber gewesen zu sein, weil irgendwann war dieser Typ einfach … Das ging einfach nicht mehr.

Ich wusste natürlich, dass er diese Meinung vertritt, aber das war schon heftig. Als wir einen Ort gesucht haben, wo wir das Interview führen können, fing er schon an, echt extrem ätzende und ekelhafte Bemerkungen in Richtung Kinder zu machen, die da vorbeigelaufen sind. Da hätte nicht mehr viel gefehlt bis einer meiner Kollegen die Fassung verloren hätte oder dass ich gesagt hätte: “Ganz im Ernst, Herr …, da hab ich keinen Bock mehr drauf, ich geh jetzt hier.”

Aber das ist ja auch die Idee gewesen, auch eben diese Leute einfach mal hört und sich damit auseinandersetzt. Er ist ja nicht der einzige, der so denkt, leider. Sondern es gibt bestimmt viele andere, die pädophil sind, die auch genau so eine Denke. Aber, egal wie ätzend und wie schwierig das irgendwie ist, gibt es eben auch andere. Dieses Thema ist so komplex ist, dass man nicht einfach sagen kann: “Wegsperren für immer!”.

Da sind wir auch wieder bei dem, was man in der Demokratie sagen kann. Dieser Typ wusste einfach genau, was man in unserem Rechtsstaat sagen darf und was nicht. Und da kannst du ihm keinen Vorwurf machen. Er hat es genau bis zu Grenze gemacht, so wie es die smarten Nazis machen. Die keinen sich mit dem Gesetzt halt extrem gut aus und wissen, bis hierhin kann ich eben das und das sagen und das muss man irgendwie auch mal aushalten.

Magdeboogie: Du hast ja auch das Format gemacht ‘Heimwärts mit…’. Jetzt wo du so rumgekommen bist, was ist für dich Heimat?

Manuel Möglich: Heimat, das kann ganz vieles sein. Auf der einen Seite sind das ganz klar Orte, die für mich Heimat sind. Da gibt es verschiedene. Es gibt ja immer diesen Heimatbegriff, von Kindheit, da wo ich aufgewachsen bin, wo meine Eltern leben. Das ist so ein ganz klares Stück Heimat, was Kindheit angeht. Aber ich hab auch so einen ganz engen Heimatbegriff oder eine Verbundenheit zum Rheinland, zu Köln, weil ich da meine komplette Studentenzeit, Zivizeit, alles verbracht habe und da viele von meinen wirklich guten Freunden leben. Das ist in zehn Jahren junges Erwachsenwerden ein wichtiges Stück Heimat geworden.

Berlin ist auch irgendwie Heimat geworden. Es gibt aber auch einfach so Sachen, die gar nicht ortsbezogen sind. Gefühle, dass ich mich erinnere.

Auf dem Dorf groß zu werden, dass war für mich irgendwie Skateboardfahren und ein paar Musiksachen – das wurde für mich zu Heimat. Wo man so ne gewisse, fast schon Ideologie gesehen hat und dachte, hier kann ich mich identifizieren. Das hilft mir. Es sind auch so Erinnerungen. Freibad zum Beispiel und so gewisse Gerüche. Es kann so viel sein.

Also, es ist jetzt nicht nur ein Ort. Ich finde Heimat ist etwas, was sich verändert und weiterentwickelt. Ich glaube, man hat nicht nur eine Heimat, sondern man kann auch mit 45 noch merken, das ist eine neue Heimat für mich und ich zitiere jetzt mal frei. Carl Zuckmayr hat mal irgendwann gesagt: “Heimat ist nicht der Ort an dem man geboren ist, sondern dort, wo man sterben will.” Ich finde, da kann man so viel hinein interpretieren. Gerade wie so Flüchtlingsthematik und wie sich manche Dinge verändern. Ganz viele Sachen, aber auch Familie und sowas. Alles, was einen mit einem positiven Gefühl erfüllt und verbindet. Da, wo man sich verstanden fühlt, ein Stück weit.