Seit dem 27.01.2022 läuft LICORICE PIZZA, der neue Film von Paul Thomas Anderson im Kino des Moritzhofes. Die Spielzeiten findet ihr hier. Ob – oder vielmehr warum – sich der Kinobesuch definitiv lohnt, erfahrt ihr hier! Doch erst einmal…
Worum geht’s?
1970er Jahre, Kalifornien. Bei einem Fototermin an seiner Highschool verliebt sich der 15-jährige Gary Valentine Hals über Kopf in die 10 Jahre ältere Assistentin Alana Kane. Obwohl sie seine romantischen Absichten nicht erwidert, zeigt sich Alana fasziniert von Garys erwachsener Ausstrahlung und seiner unterhaltsamen Energiegeladenheit. Sie freunden sich an. Sie wird ihn als Erziehungsberechtigte auf seine Schauspieldrehs begleiten. Sie werden Geschäftspartner. Sie werden sich streiten, Partner finden, und sich wieder aussöhnen. Immer aufs Neue werden sie sich im Laufe der Jahre annähern und auseinanderleben. Zu groß scheinen ihre Egos, zu unterschiedlich ihre Erfahrungen und Vorstellungen vom Leben, um wirklich zusammenzufinden…
Die 70er – Zwischen Nostalgie und Sexismus
Regisseur Paul Thomas Anderson lässt in seinem inzwischen 9. Film auf beeindruckende Weise die 1970er Jahre auferstehen, ähnlich wie er es schon in seinem Film BOOGIE NIGHTS von 1997 getan hat. Zwischen Schlaghosen und Strickpullis, Nixon und der Ölpreiskrise, David Bowie auf Vinyl und Film auf Super 8 präsentiert LICORICE PIZZA eine Zeit des Unternehmergeistes, in der die Sonne schien, die Zukunft offen stand und einfach alles möglich war. Anderson lässt den Zuschauer in Nostalgie schwelgen, allerdings ohne die Augen vor allgegenwärtigem Sexismus, offener Homophobie, sowie dem latenten Antisemitismus der Zeit zu verschließen. Immer wieder finden sich Szenen in LICORICE PIZZA die deutlich machen, dass nicht für alle Menschen alles möglich war.
Neue, echte Gesichter
Es ist kaum zu glauben, dass Hauptdarsteller Cooper Hoffman – Sohn des 2014 verstorbenen Philip Seymor Hoffman – und Hauptdarstellerin Alana Haim – zuvor vor allem bekannt als Musikerin – hier ihr Schauspieldebüt geben. Mit wohltuender und für Paul Thomas Anderson ungewohnter Leichtigkeit spielen sie ihre charakterstarken Rollen. Ebenfalls wohltuend ist, dass sich der Regisseur für einen Schauspieler und eine Schauspielerin mit natürlicher Ausstrahlung entschieden hat und so den „klassischen“ – besonders im Film gerne verbreiteten – Schönheitsidealen entgegensetzt. Gary und Alana sind keine austauschbaren Nullachtfünfzehn-Schönheiten, sondern wirken aus dem Leben gegriffen. Nicht immer sind die Haut glatt, die Zähne gerade oder der Körper durchtrainiert. Auch schön zu sehen ist, dass die bekannten Gesichter des Films – Bradley Cooper, Tom Waits, Sean Penn – sich nicht zu schade sind, Figuren zu spielen, die unter dem heutigen Zeitgeist nicht besonders gut wegkommen.
Eine Geschichte wie das Leben
Die Erzählstruktur von LICORICE PIZZA hebt sich von der vieler aktueller Filme ab, da sie keinem klassichen Aufbau, wie einer Drei-Akt-Struktur oder einer Heldenreise folgt. Vielmehr bietet der Film eine Aufeinanderfolge von Szenen, die mal tragisch, mal süß, mal spannend, aber grundsätzlich unterhaltsam sind. Fließend folgt der Film seinen Hauptfiguren, beobachtet ihr Sich-Anziehen und Wieder-Abstoßen, erzählt von einer anderen Zeit und großen Gefühlen. Gerade durch das Fehlen einer in seinen Mustern gewohnten Handlung, bleibt LICORICE PIZZA unvorherrsehbar und überraschend. Eben wie das echte Leben.
Lakritz und Pizza
„Licorice Pizza“ war der Name einer Plattenladenkette in Los Angeles und steht somit stellvertretend für die Zeit, in die der Film seine Zuschauer*innen entführt. Anders gelesen kann die „Lakritzpizza“ aber auch für unsere zwei sehr eigenen, aber charakterstarken Figuren Gary und Alana stehen. „Lakritz und Pizza? Dass passt doch niemals zusammen!“
Oder?
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