“Am roten Faden” – so heißt die neue Diskursreihe am Puppentheater Magdeburg. Fernab vom üblichen Repertoire werden an vier Abenden dieses Sonderformats in der Spielzeit 2024/25 aktuelle Fragen und Debatten aufgegriffen, die einen maßgeblichen Einfluss auf unsere Gesellschaft haben. Unterschiedliche Formate und unkonventionelle Orte eröffnen alle Möglichkeiten, um einen Raum für Diskussion und zum Nachdenken zu schaffen. Im Interview mit den Dramaturginnen Sofie Neu und Miriam Locker bekommen wir einen ersten Eindruck, was uns in diesen Veranstaltungen erwarten wird.

Wie entstand die Idee zur Diskursreihe „Am roten Faden“?

Sofie: Es gab am Theater schon mal eine Reihe, die aber von einer freiwilligen Gruppe geleitet wurde. Das hieß Standpunkt. Da hatten sich Leute aus dem Ensemble, eine Theaterpädagogin und meine Vorgängerin – also verschiedene Leute aus verschiedenen Werken zusammengefunden und haben gesagt, es wäre cool, wenn es Veranstaltungen gibt, die über Theaterstücke hinaus Diskussionen und aktuelle Themen aufgreifen. Das wurde eine Weile gemacht und jetzt hatten wir den Wunsch, das unter der neuen Intendanz von Sabine Schramm weiterzumachen, aber zu verfestigen und richtig mit in den Spielplan aufzunehmen. Die Reihe sollte wie eine Premiere behandelt werden und einen Stellenwert im Spielplan eingeräumt bekommen.

Miriam: Was auch dahinter steht, ist dieses Begreifen dessen, was ein Stadttheater in einer Stadt alles sein kann und über das, was es künstlerisch macht, den Raum als Diskussions- und Diskursraum aufzumachen – über die künstlerische Berieselung hinaus. Dieser Gedanke ist auch dabei.

Stehen die einzelnen Veranstaltungen dann für sich selbst?

Sofie: Die haben natürlich alle die Gemeinsamkeit, dass sie irgendwie eine Aktualität mit sich tragen. Es werden alles Themen sein, wo wir das Gefühl haben, die brennen jetzt gerade unter den Nägeln, das ist wichtig oder da gibt es was zu besprechen. Aber das können dann total unterschiedliche Themen sein und es können auch total unterschiedliche Herangehensweisen und Abende sein. Die werden sich nicht ähneln. Wir haben außerdem festgelegt, dass es eine schöne Idee ist, die Abende nicht immer am selben Ort zu veranstalten. Wir hangeln uns am roten Faden entlang und das kann überall im Haus sein, wo man vielleicht auch mal an Orte kommt, die man noch gar nicht so gesehen hat und was zu dem Abend passt.

Foto: Moritz von Schurer

Plant ihr die einzelnen Stücke bzw. die Reihe zusammen oder hat jeder einzelne sozusagen einen Abend?

Miriam: Also die Reihe ist als ein Frame gedacht. Wir haben uns zusammen ausgedacht, dass es diese Reihe gibt, wie sie heißt und was sie zu bedeuten hat. Dann haben wir gesagt, jede*r von uns verantwortet einen dieser Abende in dieser Reihe. Das machen wir dann jeweils alleine.

Wie seid ihr zu dem Namen „Am roten Faden” gekommen? 

Miriam: Wir wollten etwas haben, was mit unserem Genre zu tun hat und darüber hinausweist. Dann haben wir mit diesem Faden gesehen, das kann ganz viel bedeuten. Der Faden geht irgendwo hin und wir hangeln uns an einem Faden entlang. Oder wir legen einen roten Faden aus, an dem man sich entlanghangeln kann.

Sofie: Wir wollten auch irgendwas, was möglichst zeigt, in was für eine Richtung es geht – dass es mit Diskurs, Nachdenken und Reden zu tun hat. Aber es trotzdem so offen ist, dass darunter Veranstaltungen Platz haben, die ganz unterschiedlich sind.

Wie seid ihr zu den einzelnen Themen der Veranstaltungen gekommen? In der ersten wird es um die Wahlen gehen, richtig? 

Miriam: Wir haben zuerst die Termine bekommen – der Spielplan für die nächste Spielzeit 2024/2025 wurde gebaut. Dann war der erste Abend am 13. September 2024 und es war relativ schnell klar, im September können wir uns eigentlich nur auf die Wahlen beziehen.

Sofie: Bei dem Abend im März 2025 hatte ich einfach so allgemeiner das Gefühl, es fängt jetzt in der Puppentheatermuseum-Szene vermehrt an, dass zum Beispiel über Rassismus und Diskriminierung gesprochen wird. Nicht nur im Betrieb, sondern auch innerhalb der Kunst. Zum Beispiel Puppen, die nach rassistischen Stereotypen gestaltet sind. Das hat die letzten Jahre begonnen und mehr Fahrt aufgenommen, dass es auch auf Festivals oder in Zeitschriften zum Thema wird. Wir haben am Magdeburger Puppentheater dieses Museum mit einer Dauerausstellung mit sehr vielen Puppen, worunter auch Puppen sind, wo man sagen könnte, eigentlich bräuchte man dafür ein anderes Ausstellungskonzept. Wir können die Sammlung aber nicht sofort groß verändern. Da hatte ich das Gefühl, man könnte mit so einem Abend wie so eine kleine Intervention schaffen, um trotzdem am Thema dran zu sein. Es hängt von den Gegebenheiten, der Zeit, dem Ort und der Person, die den Abend leitet, ab.

Ist es inhaltlich für die Veranstaltung auch wichtig, dass man mit dem Publikum ins Gespräch tritt?

Sofie: An dem Abend im März kann man sicher auch einfach kommen und sich das Gastspiel angucken. Natürlich wird man nicht gezwungen, sich zu beteiligen. Aber so einen Moment, um die Möglichkeit zu geben, bauen wir alle ein.

Miriam: Am 13. September wird es definitiv so sein, das lässt sich glaube ich gar nicht vermeiden. Ich denke, dass das möglicherweise auch einfach Teil sein muss. Gerade wenn man diesen Anspruch hat, dann ist es glaube ich etwas, was man als roten Faden sehen kann, dass dabei immer Sprech-Räume geöffnet werden.

Wie entscheidet ihr, welche Form der Veranstaltung zu den verschiedenen Themen am besten passt, wie zum Beispiel die Talkshow zu den Wahlen?

Miriam: Es hat ja irgendwie ganz viel mit Reden zu tun und es wird ja total viel geredet. Alle glauben, dass Reden und das Miteinander Reden immer die Lösung für alles ist. Dann sage ich, wenn wir Puppen dabei haben, müssen es welche mit großen Klappmäulern sein. Diese Formate sind keine Inszenierung in dem Sinne. Es gibt dann so einen Moment der Idee einer künstlerischen Ergänzung, denn die Kunst steht nicht im Mittelpunkt, sondern soll das Thema nochmal besser vermitteln. Das ergibt sich dann immer.

Verfolgt ihr mit dieser Reihe ein spezifisches Ziel, ergänzend dazu, Diskussionen anzustoßen?

Miriam: Ich finde Ziel ist ein schwieriges Wort. Es geht eher darum, noch etwas zu finden, was wir als Theater der Stadt geben können. Wir wollen den Raum aufmachen oder noch weiter aufmachen. Das Ziel ist dann, dass Menschen das auch nutzen und wir damit Kommunikationsebenen anschieben.

Am Freitag, dem 13.09., startet die Diskursreihe mit einer Talkshow zu den Wahlen im Puppentheater! Tickets bekommt ihr im Vorverkauf für 5€. Die nächsten Termine:

  • 27.01.2025 – Am roten Faden 2
  • Die Ermittlung: Oratorium in 11 Gesängen von Peter Weiss
  • Ort: Johanniskirche Magdeburg
  • 07.03.2025 – Am roten Faden 3
  • Objekt und Objektifizierung
  • Ort: villa p.
  • 11.04.2025 – Am roten Faden 4
  • Die Elbe fließt ins Mittelmeer
  • Ort: Puppentheater Magdeburg

Bild: xix berlin