Unser Redebeitrag auf der Tanzdemo zum 1. Mai – Tach der Arbeit – in Magdeburg

Liebe Raver*innen und Demonstrierende!

Wir machen es kurz: Die Axt an der freien Open-Air-Szene und bei den Kulturschaffenden in Magdeburg anzulegen, ist ein Fiasko und trägt dazu bei, dass sich Magdeburgs Kulturszene weiter ausdünnt. Das lassen wir nicht zu!

Zum Tag der Arbeit möchten wir nur ein paar Worte verlieren, weil schon viel dazu gesagt wurde, aber noch nicht genug: Gerade wir Menschen aus dem Kulturbereich müssen uns stark machen für mehr Tarifverträge, für einen Mindestlohn von 15 Euro, für das Recht auf mehr Freizeit. Denn der nächste Besuch im Club oder im Theater muss drinnen sein!

Jetzt aber zu den Freien Open Airs: Es ist eine bodenlose Frechheit wie seit Jahren versucht wird, die Open Airs in dieser Stadt klein zu machen. Open Air-Theater, -Konzerte oder -Raves sind in den Augen der Stadtverwaltung ein störendes Anhängsel einer unliebsamen Subkultur. Das beweist wieder einmal die aktuelle Entwicklung im Stadtrat, die vorsieht, dass künftig die Flächen für freie Open Airs reduziert statt ausgebaut werden soll. Die Kommunikation dazu war unterirdisch. Dass die Fläche im Glacis gestrichen werden soll, nehmen wir nicht hin!

Dabei haben wir hier in Magdeburg schon längst weniger Möglichkeiten als es zum Beispiel in Halle der Fall ist. Dort gibt es sage und schreibe 12 Open Air-Flächen in der Stadt! Die Stadtverwaltung kümmert sich dort sogar um Stromanschlüsse und entsprechende Müllentsorgung. So geht Kulturförderung, werte Frau Borris!

Die Stadt amputiert sich kulturell selbst, hat die Volksstimme getitelt. Und da hat sie Recht! Die Stadt amputiert sich kulturell selbst!

Wir kämpfen hier in Magdeburg um das Mindestmaß an Möglichkeiten. Die Oberbürgermeisterin und ihre Kulturbeigeordnete haben immer noch nicht den Wert der freien Kulturszene für diese Stadt begriffen. Wie oft sollen wir noch auf die Straße gehen, damit auch der letzte versteht, dass diese Stadt nichts ist, wenn Kultureinrichtungen, wenn freie Open Airs, wenn Kneipen und Kulturschaffende allesamt vergrault und ihren Betrieb bzw. ihre Aktivität eingestellt haben?

Diese Stadt ist nichts, wenn weiter die großen Millionenbeträge in Betongold gekippt werden – wie etwa in den wieder einmal noch teurer gewordenen Neubau der Stadthalle. Hier wurden bereits über 100 Millionen Euro rausgehauen und an der freien Kulturszene wird gespart und gespart!

Für junge Menschen ist die Subkultur ein Haltefaktor. Sie bietet eine Alternative zu etablierten Normen und Werten, eröffnet Möglichkeiten zur Teilhabe und zum Engagement. Dieser Raum für Experimente und Neuerungen ist entscheidend für die persönliche Entwicklung junger Menschen. Es fördert Kreativität, stärkt soziale Kompetenzen und ermutigt dazu, die eigene Stimme zu erheben.

Magdeburg braucht eine starke Subkultur, um attraktiv für junge Menschen zu bleiben. Eine Stadt, die Raum für alternative Lebensstile und Ideen schafft, zieht junge Menschen an und behält sie hier.

Und das braucht die Stadt viel, viel mehr als bisher. „Hier ist doch nüscht los“, diesem Eindruck muss die Stadtverwaltung entschlossen entgegenwirken!

Die Lösungen sind einfach und liegen auf dem Tisch! Dabei sind sie nicht einmal besonders teuer:

  1. Wir brauchen mehr statt weniger Freiflächen für freie Open Airs, dazu gehören Stromanschlüsse und Müllkörbe!
  1. Wir brauchen mehr Verständnis für Open Airs, hier muss die Stadt zwischen den Kulturschaffenden und Anwohnenden vermitteln statt zu spalten!
  2. Wir brauchen weniger Bürokratie und dafür mehr Förderung von freien Kulturprojekten!
  1. Wir brauchen partizipatorische Projekte in den Stadtteilen, damit nicht nur im Zentrum ab und zu was los ist!
  1. Wir brauchen kostenfreie oder zumindest günstige Werbeflächen für Kulturschaffende!

Als Redaktionsteam von Magdeboogie haben wir in mehreren öffentlichen Talkrunden immer wieder auf diese Vorschläge hingewiesen und uns eingesetzt. Passiert ist nichts.

Lasst uns noch ein paar Worte zur politischen Entwicklung sagen: Die Mehrheiten im Stadtrat sind seit den Kommunalwahlen wirklich schwierig, die Interessen von Kulturschaffenden werden oftmals nur von der Linken oder den Grünen stark gemacht. Parallel dazu erhält die AfD für ihre menschenfeindliche, diffamierende Politik immer weiter Zuspruch von der CDU, aber auch bspw. von der lokalen Gartenpartei. Dem müssen wir uns entgegenstellt und das machen wir auch. 

Wer das allerdings nicht macht, sind die verantwortlichen Stadtoberhäupter. Erst am Montag hat die Oberbürgermeisterin Simone Borris zusammen mit der AfD abgestimmt. Frau Borris scheint davor keinen Skrupel zu haben. Das ist brutal!

Wir wenden uns direkt an Sie, Frau Borris und Frau Stiehler-Hinz, wenn Sie jetzt nicht vorarbeiten und dem weiteren Rechtsruck auch hier auf kommunaler Ebene entgegenwirken, dann werden sie die Folgen ihres eigenen politischen Handelns überrollen und das schneller als gedacht! Schließlich erwartet uns alle mit dem Vorschlag für den CDU-Kulturstaatsminister, Wolfram Weimer, ein weiterer, diesmal bundesweiter Rechtsruck in der Kultur.

Weimer äußert sich öffentlich homosexuellenfeindlich und ist die absolut falsche Person in diesem Amt. Die Kulturszene wird weiter bluten müssen, dass muss sich unsere Oberbürgermeisterin bewusst sein. 

Wir von Magdeboogie sagen: Nicht mit uns, wir kämpfen weiter an eurer Seite – für die Raver*innen, für die Partypeople und für alle, die kulturell was Wuppen wollen in dieser Stadt! Ihr seid einfach nur spitze! Danke für eure Arbeit, macht weiter so!

Titelfoto: Glacis Open Air 2019 von Catherina Rocio