Am 10. März 2023 startet der 12. Telemann-Wettbewerb in Magdeburg. In diesem Jahr steht die vielfältige Vokalmusik des 1681 in Magdeburg geborenen Barockkomponisten Georg Philipp Telemanns im Fokus. Zwölf Veranstaltungen sind im Konzertprogramm verzeichnet. Wir haben uns mal schlau gemacht, was der Telemann-Wettbewerb überhaupt ist und warum sich auch als Nicht-Begeisterte klassischer Musik lohnt, sich auf die ein oder andere Veranstaltung einfach mal einzulassen …

Il Gardellino Orchestra (am 19.03.) © Wouter Maeckelberghe

Seit wann gibt es den Wettbewerb?

… seit 2001. Er begann mit einer Ausschreibung für Kammermusikensembles.

Wie hat sich der Wettbewerb in den letzten Jahren entwickelt? Welchen Einfluss hat die Pandemie auf die organisatorische und inhaltliche Ausrichtung des Wettbewerbs genommen?

Seit seiner Gründung hat der Wettbewerb beständig an Zuspruch und internationalem Renommee gewonnen. Mit dem diesjährigen Wettbewerb werden insgesamt ca. 520 Teilnehmende aus 45 Ländern aller (bewohnten 😉) Kontinente teilgenommen haben. Schaut man auf die Institutionen, an der die Teilnehmenden Ihre Ausbildung erhalten, finden sich darunter die renommiertesten Musikhochschulen der Welt und exzellente Hochschullehrer:innen.

Der Wettbewerb findet im Biennale-Rhythmus statt und konnte auch während der Pandemie stattfinden, jedoch war im Jahr 2021 eine Verschiebung vom März auf den September erforderlich und aus organisatorischen Gründen wurde auch die Kategorie geändert. Bemerkenswerterweise erreichte die Zahl der Anmeldungen in pandemischer Zeit zuvor nie erlangte Größenordnungen – wohl auch, weil viele öffentliche Auftrittsmöglichkeiten der jungen Teilnehmer:innen abgesagt werden mussten und viel Zeit zum Üben in den eigenen vier Wänden war. So wurde eine Videovorauswahl eingeführt. Diese Vorauswahl hat sich sehr bewährt und wird auch in nachpandemischer Zeit beibehalten.

Warum ist der Telemann-Wettbewerb auf Gesang fokussiert?

Die Kategorien des Wettbewerbs wechseln. Bis 2015 wurde er alle zwei Jahre abwechselnd für Kammermusikensembles, historische Holzblasinstrumente und historische Streichinstrumente ausgeschrieben. 2017 kam erstmals der Gesangswettbewerb hinzu. Damit bezieht der Wettbewerb seither auch die Vokalmusik als umfangreichsten Schaffensbereich Telemanns ein. Zudem empfand Telemann das „Singen als Fundament in allen Dingen“, also als Basis musikalischer Ausbildung. Neben den facettenreichen Kompositionen aus den Bereichen vokale Kammermusik, geistliche Kirchenmusik und Oper Grund genug, auch diese Kategorie regelmäßig in den Fokus zu rücken.

Wann und wo findet der Telemann-Wettbewerb 2023 statt?

Der Wettbewerb wird vom 10. bis zum 19. März in drei öffentlichen Wettbewerbsrunden im Schinkelsaal des Gesellschaftshauses Madgeburg ausgetragen. Höhepunkt ist freilich das Finale am 18. März ab 11 Uhr. Im Finale erklingen ausschließlich herrliche Arien von Telemann und Händel. In dieser letzten Wettbewerbsrunde werden die Teilnehmenden vom renommierten Leipziger Barockorchester begleitet.

Marius Moritz (am 17.03.) © Mirko Glaser

Wie und welche Menschen konnten sich für den Wettbewerb bewerben? Wie hoch war die Resonanz?

Bewerben konnten sich Sänger:innen im Alter von 18 bis 34 Jahren, die sich dem Prinzip der historisch informierten Aufführungspraxis verpflichtet fühlen. D. h. sie sollten ein Gesangsstudium mit Spezialisierung auf dem Gebiet der sogenannten Alten Musik absolviert haben und „fit“ sein im Blick auf Gesangskultur und Interpretationspraxis des 18. Jahrhunderts. Darüber informieren u. a. in jener Zeit publizierte Gesangsschulen.

Wie läuft der Wettbewerb für die Teilnehmenden ab?

Nach der persönlichen Einschreibung mit Anerkennung der Wettbewerbsregeln erfolgt in der Eröffnungsveranstaltung die Auslosung der Reihenfolge der Wettbewerbsteilnehmenden. Es wird allergrößter Wert daraufgelegt, dass allen Teilnehmenden die gleichen Chancen eingeräumt werden. Es ist also nicht zwangsläufig so, dass der:diejenige beginnt, dessen Nachname mit einem Buchstaben weit vorn im Alphabet beginnt. Sodann erhalten die Teilnehmenden ihre Probenzeiten zugewiesen.

In den beiden ersten Runden ist Literatur vorgesehen, die eine Begleitung von Cembalo bzw. Violine und Cembalo erfordert. Wer ohne eigene Begleitung anreist, bekommt sie vom Wettbewerb gestellt. Die in den Wettbewerbsrunden vorzutragende Literatur ist aus Repertoirelisten auszuwählen. Bereits mit der verbindlichen Anmeldung – die Frist endete am 6. Januar – waren die Programme für alle Runden mit einzureichen.

Bevor die Vorträge vor der Jury stattfinden, haben die Teilnehmer:innen die Möglichkeit, sich noch einmal in einem Vorbereitungsraum einzusingen. Das ist absolut erforderlich – vergleichbar dem Aufwärmen bei Sportler:innen: Die elastischen Stimmbänder benötigen wie Muskel diesen Prozess, um geschmeidig „arbeiten“ zu können. Danach erklingt dann das vorbereitete Programm vor der Jury. Wer es bis ins Finale schafft, absolviert diese Prozedur drei Mal.

Es wird eine Jury geben, die aus Howard Arman (Vorsitz), Bernarda Fink, Peter Kooij, Benno Schachtner, Markus Schäfer sowie Elisabeth Scholl. Wer sind diese Menschen? Wie haben sie den Weg in die Jury des diesjährigen Telemann-Wettbewerbs gefunden? Welche Aufgaben nehmen sie während des Wettbewerbs wahr?

Als Juror:innen des Internationalen Telemann-Wettbewerbs werden renommierte Sänger:innen ausgewählt, die zugleich erfahrene Hochschullehrer:innen sind. Die Jury soll nach Möglichkeit sehr international besetzt sein und unterschiedliche „Schulen“ (im Sinne einer Unterrichtstradition) in der Kunst des Gesangs repräsentieren. Alle Stimmgruppen sind ausgewogen besetzt. Den Juryvorsitz führt indes kein Sänger, sondern der als Chorleiter überaus erfahrene Prof. Howard Arman. So soll der Eindruck vermieden werden, dass eine Stimme bevorzugt behandelt wird. Immerhin gibt die Stimme des Vorsitzenden in Abstimmungsverfahren bei Stimmengleichheit den Ausschlag für eine Entscheidung.

Lautten Compagney (am 17.03.) © Ida Zenna

In diesem Jahr soll es zum ersten Mal einen Meisterkurs geben. Was hat es mit diesem Meisterkurs auf sich? Warum wurde er in diesem Jahr eingeführt?

Auch ein Wettbewerb entwickelt sich beständig weiter. Die Verbindung mit einem Meisterkurs erscheint uns als eine gute Möglichkeit, den in der ersten und zweiten Runde ausscheidenden Teilnehmenden ein zusätzliches Angebot zu vermitteln, sich unter Anleitung erfahrener Interpreten, die nicht zum Kreis der Jury gehören, weiterzubilden. Die Teilnahme wird schriftlich bescheinigt und kann für den künstlerischen Lebenslauf verwendet werden.

Auf welche Programmpunkte dürfen sich die Zuschauer:innen freuen? Wo können Tickets erworben werden?

Natürlich auf die drei öffentlichen Wettbewerbsrunden (aktuelle Zeiten sind über www.telemann.org zu erfahren), sowie auf das Festkonzert mit den Preisträger:innen im Gesellschaftshaus (Sa, 18.03., 20 Uhr). Außerdem stehen exzellente Konzerte auf dem Programm, in denen auch ehemalige Wettbewerbsteilnehmer:innen mitwirken, z. B. Il Gardellino Orchestra (Belgien), Lautten Compagney Berlin und ensemble freymut (Österreich). Karten gibt es im Internet über www.telemann.org und an der Tages- bzw. Abendkasse am Veranstaltungsort.

Was macht den Wettbewerb, insbesondere für junge Menschen, so interessant?

Die besondere Atmosphäre internationalen Miteinanders im wunderschönen Gesellschaftshaus zu erleben, die Aufgeschlossenheit der Teilnehmenden für Gespräche und Fragen sowie das Erlebnis, junge Menschen – die jüngste Teilnehmerin ist 21 Jahre alt – in solch einer besonderen Situation von Anspannung, Erwartung und „Erlösung“ nach dem Wettbewerbssingen zu erleben. Zudem gleichen die kurzen Darbietungen jeweils kleinen Konzerten – für viele kann das ein schöner Einstieg in das Hören Alter Musik sein, welches sich in den dem Wettbewerb angeschlossenen Konzerten internationaler Spitzenensembles noch vertiefen lässt.

Leipziger Barockorchester (am 18.03.) © Julia Sander

Wer sich musikalisch jetzt schon etwas einstimmen möchte, der:dem sei ein Hörbeispiel von Marius Moritz und ein akkustischer Gaumenkitzler der Lautten Compagney empfohlen (einfach auf die Links klicken!)

Wir danken dem Team des Telemann-Wettbewerbs herzlichst für ihre Auskünfte und wünschen einen spannenden Wettbewerb und viele begeisterte Zuschauer:innen!



Text: Tobias Bachmann