„Liebe Leute,

Kultur ist lebenswichtig, sie muss geschützt und ausgebaut werden. Die Magdeburger Kulturzentren, die Künstler*innenkollektive der Stadt und natürlich auch die Sub- und Clubkultur gehören seit Jahren zur DNA dieser Stadt. Doch die Stadt verändert sich. Kultur verändert sich. Neue Projekte im Kulturbereich gründen sich, andere verschwinden. Auch wir als Kulturplattform Magdeboogie sind nicht schon seit Jahrzehnten aktiv, sondern dürfen erst im nächsten Jahr unser 10jähriges Jubiläum feiern. Doch Kultur entwickelt sich nicht einfach so, Kulturförderung, die Unterstützung von Künstler:innenkollektiven muss auch politisch gewollt seit.

Und da fragen wir: An welcher Stelle stehen wir hier in Magdeburg?

Den Kulturschaffenden in Magdeburg wurde viel Hoffnung gemacht. Damals, als noch ein Oberbürgermeister namens Lutz Trümper eine große Vision gesponnen hat. Die Vision von einer Kulturhauptstadt 2025. Für dieses Projekt sollten alle Kulturschaffenden Ideen entwickeln, sich einbringen, auf Augenhöhe und mit Inspiration für das Kommende. Versprechungen wurden gemacht – auch unabhängig von dem Erfolg dieser Bewerbung zur Kulturhauptstadt. Es lag wieder Aufbruchstimmung in der Luft. Viele Kulturschaffende sahen in der Vielzahl an Ideen und eröffneten Möglichkeiten ein zartes Flämmchen der Hoffnung innerhalb der Stadtverwaltung aufglimmen, das nach dem Mißerfolg der Kulturhauptstadt-Bewerbung sofort wieder durch die Stadtoberen ausgetreten wurde.

Auch unter der neuen Oberbürgermeisterin Simone Borris erleben wir Kulturschaffende keinen anderen Umgang, ganz im Gegenteil. Statt für eine sichere Finanzierung der seit Jahrzehnten etablierten Kulturzentren in der Stadt zu sorgen, stehen Projekte wie unser geliebter Moritzhof mittlerweile kurz vor dem Bankrott! Das Schreit zum Himmel und wird wohl leider auch noch nicht das Ende der Kürzungen im Kulturbereich sein.

  • Partizipative Projekte in den Stadtteilen? Fehlanzeige!
  • Festivalförderung und Bürokratieabbau für Kulturschaffende? Fehlanzeige!
  • Kostenfreie oder zumindest günstige Werbeflächen für Künstler:innen und Kultur? Fehlanzeige!
  • Ein Kulturbüro, was sich in erster Linie als Dienstleisterin für die Freie Kulturszene versteht? Fehlanzeige!
  • Ein Jugendkulturticket nach dem Berliner Modell? Fehlanzeige!

Stattdessen werden Abermillionen Euro in Betongeld gekippt, weil der neue Strombrückenzug über die Elbe und die Sanierung der Hyparschale eben mehr Profilierung bringt, als eine bunte Kulturszene. Von den unsäglichen, fast schon kriminellen Knebelveträgen mit der Werbefirma Stroer und der Stadtverwaltung will ich an dieser Stelle gar nicht erst anfangen, da können Kulturschaffende ohne große Geldgeber im Rücken komplett einpacken.

Es geht hierbei nicht um weniger als um die Frage: Wem gehört die Stadt? UND – ganz wichtig – Wem gehört die Nacht? Und da sagen wir ganz klar: Den Clubs, die diese Stadt überhaupt erst in Bewegung bringen und attraktiv machen! Der Jugend, die ihre Zukunft mitgestalten und ihre Energie in die Entwicklung einer lebenswerten Stadt investieren! Sie gehört den Träumer*innen, den Feiernden, den Kulturinteressierten und den Freigeistern. Sie gehört den Bars und Veranstaltungsorten, die in den nächtlichen Stunden pulsieren und eine einzigartige Atmosphäre schaffen. Die Nacht gehört den Künstler*innen, die ihre Werke präsentieren und den Menschen Momente der Freude, der Reflexion und des Zusammenseins schenken.

Eine lebendige Subkultur ist wie das Herzschlag einer Stadt. Sie verleiht einer Gemeinschaft einen unverwechselbaren Rhythmus, eine Vielfalt an Farben und Tönen, die das Stadtbild beleben und bereichern. In Magdeburg ist die Subkultur ein lebendiges Mosaik aus verschiedenen Ausdrucksformen: von alternativen Kunstprojekten über Underground-Musikszene bis hin zu sozialen und politischen Aktivitäten.

Warum ist eine starke Subkultur so entscheidend? Sie ist der Ausdruck der Individualität und Kreativität unserer Bürger*innen. Sie fördert Diversität und Inklusion, indem sie Raum für verschiedene Identitäten und Perspektiven schafft. In einer pulsierenden Subkultur finden junge Menschen einen Raum, um sich auszudrücken, neue Ideen zu entwickeln und Gleichgesinnte zu treffen.

Für junge Menschen ist die Subkultur ein Haltefaktor. Sie bietet eine Alternative zu etablierten Normen und Werten, eröffnet Möglichkeiten zur Teilhabe und zum Engagement. Dieser Raum für Experimente und Neuerungen ist entscheidend für die persönliche Entwicklung junger Menschen. Es fördert ihre Kreativität, stärkt ihre sozialen Kompetenzen und ermutigt sie, ihre Stimme zu erheben.

Magdeburg braucht eine starke Subkultur, um attraktiv für junge Menschen zu bleiben. Eine Stadt, die Raum für alternative Lebensstile und Ideen schafft, zieht junge Talente an und behält sie hier.

Die Stärkung der Szene beleuchtet nicht nur finanzielle Bedürfnisse, nein, es braucht auch einen umfassenden Ansatz, der beispielsweise folgende Elemente umfasst:

  • Dazu gehört auch die Sichtbarkeit kleinerer Kollektive,
  • die Förderung von Schutzmaßnahmen vor Diskriminierung und Übergriffen durch Awarness,
  • Inklusion und Barrierefreiheit,
  • Suchtpräventation und Nachhaltigkeit,
  • sowie mietrechtlichen Schutz vor Verdrängung
  • Dialoge mit der Nachbarschaft für mehr Akzeptanz für Kulturzentren

Wir sind vorhin am Rathaus und dem angrenzenden Ordnungsamt vorbeigegangen und da muss ich sagen: Da kräuseln sich bei mir die Zehennägel hoch. Seit Jahren werden der freien Open Air Szene dort leere Versprechungen gemacht. In Halle, was ja nun wirklich nicht weit weg ist, sind beispielsweise mittlerweile 12 Freiflächen in der ganzen Stadt ausgewiesen, wo Open Airs unkompliziert möglich sind. Da gucken wir als Magdeburger:innen einfach total in die Röhre und das, obwohl diese Freiflächen ja nicht einmal nennenswerte Kosten verursachen.

Genau das haben wir beim zurückliegenden Glacis Open Air mit der Stadtverwaltung diskutieren wollen, doch es hagelte nur Absagen durch die Verantwortlichen, die dort nicht einmal Rede und Antwort für ihr Verhalten stehen wollten. Im letzten Jahr kam wenigstens noch die Kulturbeigeordnete Frau Stiehler-Hinz zum ehrenamtlich organisierten Festivals – dafür mit den Worten: „Hätten Sie mich nicht zur Diskussion eingeladen, hätte ich gar nicht vom Glacis Open Air gewusst.“

Als Team von Magdeboogie bleiben wir aber weiter dran an der Sache, denn wir sind natürlich stolz auf euch Kulturschaffende, auf die ganzen Kollektive, die trotz aller Widrigkeiten weitermachen, sich sogar neu erfinden oder neu zusammenfinden. Das ist einfach nur großartig! Ohne euch würde es uns nicht geben und wir werden für euch weiterhin die Stimme erheben, damit die Kulturszene in Magdeburg eine starke Stimme hat.

Macht weiter so!“