Am 24. April 2022 wird in Magdeburg für die nächsten 7 Jahre ein*e neue*r Oberbürgermeister*in gewählt! Der bereits seit 2001 amtierende Lutz Trümper verabschiedet sich in den Ruhestand und macht Platz für neue Ideen und Visionen für die #Boomtown!

Wir wollten wissen, was die Kandidierenden für die (Sub-)Kultur bereit halten und haben zu den Themen Kultur, Nachhaltigkeit und Weltoffenheit nachgefragt!

Nicole Anger (45)
von der Linken, zuvor Referentin für Kinder- und Jugendhilfe
© Ben Gross

Magdeburg ist eine Stadt, die eigentlich alles hat. Manchmal sieht man das aber erst auf den zweiten Blick. Wenn ich als gebürtige Magdeburgerin sehe, wie sich die Stadt in den letzten 10, 20 Jahren verändert hat und mit wie viel Kreativität und Engagement die Menschen dieser Stadt daran Anteil haben, dann erfreut mich das sehr. Wir können daran sehen, dass die Magdeburger:innen ihre Stadt mitgestalten wollen. Deswegen sind es an erster Stelle die Menschen, die diese Stadt für mich besonders machen.

Ich bin eine leidenschaftliche Kämpferin für die Beteiligung der Menschen. Ich möchte die Magdeburger:innen viel mehr als es bisher geschehen ist, in die Entwicklung unserer Stadt einbeziehen. Denn gemeinsam können wir mehr. Magdeburg ist unser aller Zuhause!

Der „Pechi“, der Spielplatz am Pechauer Platz, auch Künstlertreff genannt, ist mein Lieblingsort. Ich bin dort Spielplatzpatin. Dieser Ort verbindet so vieles, was mir für Magdeburg wichtig. Kinder wurden in die Gestaltung der Spielelemente eingebunden, sie haben gesagt, was sie sie sich wünschen. Der Pechi wurde nach ihren Ideen gestaltet. Und so entstand ein Spielplatz aus Scheren, Farbpaletten, Zollstock, aber auch mit einer Bühne, einer Gitarre, Notenschlüsseln und vielen mehr. Es lohnt sich, dort vorbeizuschauen und selbst weiteres zu entdecken. Außerdem ist mit dem Kiosk Fredys Eck eine Anlaufstelle für Kinder vor Ort. Wenn mal jemand eine Toilette benötigt oder auch ein Pflaster, die Mitarbeiter:innen bieten den Kinder immer ein offenes Ohr. Dieses Miteinander ist wichtig.

Und wenn ich sonst in meiner Freizeit unterwegs bin, dann bin ich gern an der Schrote. Einmal querfeldein von Stadtfeld Ost nach Stadtfeld West laufen, durch das Grün mitten in der Stadt. Es ist wichtig, dass wir uns diese grünen Oasen innerstädtisch erhalten.

Wir können Menschen in Magdeburg ein sicheres Zuhause bieten, auch über den gängigen Verteilungsschlüssel hinaus. Dieses muss offensiv kommuniziert werden – dafür ist ständiger Kontakt mit Landes- und Bundesebene unerlässlich.

Aber auch vor Ort kann mehr getan werden. Registrierungen und andere behördliche Verfahren sind nicht nur zu beschleunigen, sondern auch viel aktiver durch die Verwaltung selbst zu gestalten. Gleichzeitig gilt, eine gute und willkommene Bleibeperspektive zu unterstützen. Dazu gehört für mich auch das Einbinden bspw. der kommunalen Unternehmen wie Wohnung, Energieversorger, die den Menschen bei einem Start in Magdeburg noch mehr unterstützen können. Wenn wir hier alle zusammenwirken, zeigen wir, welche Offenheit in dieser Stadt möglich ist.

Natürlich fehlen uns eine Menge Gelder, die für die Kulturhauptstadt zur Verfügung gestellt worden wären. Das bedeutet für die kommende Zeit wahrscheinlich, dass wir einige Projekte eher Schritt für Schritt entwickeln und umsetzen werden. Anders als bei Vorbereitung zur Kulturhauptstadt passiert dann nicht alles auf einmal, sondern nacheinander. Das hat aber auch Charme und Potenzial. Volle Unterstützung bekommt hierbei von mir besonders das Projekt Feeling East, welches sowohl als Forschungs- und Ausstellungsprojekt konzipiert ist. Mehr als 30 Jahre nach der Wende wird es Zeit, dass in Magdeburg, einer Stadt, die insbesondere in den 1990er Jahren viele Brüche erlebt hat – Stichwort Deindustrialisierung – über die Erlebnisse und Erfahrungen geredet wird.

Ich möchte gern mehr Raum geben für die freie Szene. Dafür müssen wir Auflagen senken und schauen, wie wir eine gute Balance schaffen. U.a. gehört dazu das Bereitstellen von Flächen im öffentlichen Raum. Kunst und Kultur jeder Art müssen deutlich sichtbarer für alle werden. Die finanzielle Ausstattung, die auch im Rahmen der Kulturhauptstadt vorgesehen war, ist beizubehalten und zu erhöhen. Gleichzeitig müssen wir in der Innenstadt den Mut haben – zunächst temporär beschränkt – verkehrsberuhigte Bereiche zu schaffen und für kulturelle Angebote zu nutzen. Andere Städte sind da bereits viel weiter.

Wir brauchen aber auch weniger Bürokratie. Kunst und Kultur brauchen für ihre Kreativität vor allem Vertrauen.

In der Pandemie haben diese Bereiche sehr gelitten. Als Kommune haben wir da aber auch nur beschränkte Möglichkeit und begrenzten Einfluss. Allerdings kann man Erleichterung schaffen. Da denke ich beispielsweise an die Außengastronomie. Flächen für Außen können und sollen mehr genutzt werden. Weiterhin können wir diese Bereiche unterstützen durch eine enge Kommunikation und ein verstärktes Einbinden in Kulturveranstaltungen. Kooperationen und Netzwerke gilt es viel stärker herauszubilden und umsetzen. Des Weiteren kann auch eine Oberbürgermeisterin bei Gesprächen der Betreiber:innen mit Vermietern und Energieversorgern unterstützen.

Bauen, Stadtentwicklung und Klimaschutz schließen sich nicht automatisch gegenseitig aus. Es müssen nachhaltige Bauvarianten und Bauformen ausprobiert und genutzt werden. Dabei gilt ein Fokus dem natürlichen Baustoff Holz. Dieser wird dabei zunehmend in den Mittelpunkt rücken.

Erste Versuche werden ja auch in Magdeburg seitens kommunaler Unternehmen schon erprobt, wie bei einem Kitaanbau komplett aus Holz. Das ist richtig und den Weg sollten wir weiter mutig beschreiten. Die Stadt mit ihren Gebäuden und Immobilien muss auch als gutes Beispiel vorangehen und Photovoltaik-Anlagen auf ihren Dächern installieren.

Und wir müssen nicht nur über die Quantität von Grünflächen, sondern auch über die Diversität dieser reden. Beim Bauen sollten aber Dach- und Vertikalbegrünung in Zukunft deutlich zunehmen müssen, um den Folgen des Klimawandels entgegenwirken zu können. Und ich sage auch ganz deutlich: Hände weg von den Kaltluftschneisen.

Auch die Renaturierung kleiner Bäche wie die Schrote sollten wieder in den Blick genommen werden. Verrohrte Wasserläufe helfen uns nicht. Und statt auf weitere Versieglung von hochwertigen Böden zu setzen, müssen wir erst einmal jene Brachen und Flächen entwickeln, die seit Jahrzehnten danach rufen. Ich setze dies unter dem Begriff des Flächenrecyclings.

Sarah Biedermann

Sarah Biedermann (24)
von den Freien Wählern, gelernte Hotelfachfrau
© Kai Spaete

Wenn es darauf ankommt, ist der Zusammenhalt der Bürger:innen immer wieder toll und bemerkenswert. Ich möchte dabei gemeinsam mit allen Bürger:innen offen und transparent Probleme angehen, Lösungen finden und auch verschiedene Auffassungen und Ansichten zusammenführen.

Mein absoluter Lieblingsort sind die Elbterrassen an der Hubbrücke. Am Fuße des Domes direkt an der Elbe kann man herrlich entspannen und perfekt abschalten. Ich bin aber auch sehr gern in Stadtfeld in den Goethe- oder in den Glacis-Anlagen unterwegs.

Aktuell zeigt sich dramatisch, wie wichtig Solidarität und Hilfe in Krisenzeiten ist. Die Menschen aus der Ukraine insbesondere aus unserer Partnerstadt Saporoshje brauchen Hilfe, Unterstützung und auch Zufluchtsmöglichkeiten. Menschen aus Kriegs- und Krisengebieten muss jegliche Hilfe zu teil werden. Uns muss jetzt bewusst sein, dass auch wir jederzeit in diese Situation geraten können. Humanitäre Hilfe ist oberste Menschenpflicht.

Sehr schade… Aber: Nutzen wir unsere Position als Vizemeister. Aktivieren und intensivieren wir bisher Erreichtes. Reduzieren wir bürokratische Hürden, schaffen wir Brücken. Unterstützen wir Projekte vielfältig mit finanziellen Mitteln, Räumlichkeiten oder auch technischen Ausstattungen. Stellen wir unsere Kulturlandschaft gerade auch nach der Corona-Pandemie wieder auf stabile Beine.

Die Szene braucht unsere Unterstützung, sei es in Form einer Förderung unabhängig von Eigenmitteln, unbürokratischer Verfahren z.B. bei Sondernutzungsrechten oder einer Vereinfachung von Genehmigungen oder Anträgen. Darüber hinaus muss finanziell und materiell unterstützt werden.

Wir müssen den Gastronomen, Clubbetreibern und Händlern unserer Stadt etwas zurückgeben. Die Umsatzeinbußen aus den letzten zwei Jahren können wir leider nicht aufholen, aber für die Zukunft Rahmenbedingungen schaffen, welche helfen, das Geschäft wieder anzukurbeln. Aus meiner Sicht brauchen wir beispielsweise temporär eine Freigabe der Öffnungszeiten und damit eine 24 Stunden/7 Tage – Möglichkeit für unsere Einzelhändler. Die Magdeburger:innen möchten in naher Zukunft nicht vor vielen leeren Schaufenstern und in verödeten Straßen stehen. Jetzt gilt es mit pragmatischen Ideen den Neustart zu organisieren und proaktiv zu unterstützen.

Stadtgrün ist wertvoll, deshalb müssen wir es pflegen und schützen. Stadtnatur bedeutet Lebensqualität und Wohlbefinden. Eine Stadtentwicklung spiegelt sich aber auch im Baugeschehen wider und zeigt Zeitgeist und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Hier muss sorgfältig abgewogen werden. Insbesondere Baulücken und Bestandsobjekte müssen genutzt werden, anstatt ausschließlich dabei auf Neubauten zu setzen. In Sachen Klimafreundlichkeit stelle ich mir folgende Dinge vor: endlich ein kostenfreies Schüler- bzw. Azubi-Ticket umsetzen, Stadtstraßen mit Blühstreifen versehen, Fassadenbegrünungen, Haltestellen mit Dachbegrünung bzw. Fotovoltaik und städtische Immobilien mit Solartechnik ausrüsten, flächendeckender Ausbau von E-Ladestationen.

Außerdem hat Magdeburg das Potenzial zur Fahrradstadt, sowohl innerstädtisch als auch im nahen Umland: überall in kurzer Zeit und das gesund und umweltfreundlich. Lücken im Radwegenetz müssen geschlossen werden, dazu Park- und Abstellstationen für Fahrräder, eine eigene Infrastruktur mit Fahrradverleihstationen, Werkstatt-Service usw. Das Ganze eingebettet in ein nachhaltiges Verkehrs- und Tourismuskonzept. Der Berufsverkehr muss heraus aus der Innenstadt. Dazu brauchen wir als Stadt am Fluss eine dritte Elbquerung.

Simone Borris

Simone Borris (59)
Sozialbeigeordnete der Stadt und stellvertretende Oberbürgermeisterin. Die parteilose Kandidatin wird von der FDP und von future! unterstützt.

© Simone Borris

Magdeburg ist eine liebenswerte Stadt mit einer hervorragenden Lage in Mitteldeutschland an der Elbe, das hat Charme. Als Sportstadt über die Grenzen der Stadt hinausreichend, eine Stadt der Kultur, Historie und einer sich gut entwickelnden Wirtschaft. Die Stadt ist mit Blick auf die Großansiedlung neu zu denken. Die Umsetzung der Großansiedlung wird in alle städtischen Bereiche hineinwirken und auf die umliegenden Regionen und Wirtschaftszweige. Die Stadt hat Potenzial und die Menschen, die hier wohnen, leben und arbeiten, sich engagieren für ihre Stadt machen das Besondere aus. Die Stadt gemeinsam mit den Menschen, dem Stadtrat und der Verwaltung strategisch weiterzuentwickeln, ist Chefsache.

Magdeburg hat so viele schöne Orte, sportlich, historisch, kulturell – besonders gern mag ich Freizeitbeschäftigungen an und um die Elbe.

Die Aufnahmebereitschaft der Stadt im Zusammenhang mit dem Ukraine Krieg zeigt, dass wir Menschen in Not unterstützen. Wir haben uns integrationspolitische Leitlinien gesetzt.

Im Nachgang zur Kulturhauptstadtbewerbung wurde eine Kulturstrategie 2030 erarbeitet. Diese ist Handlungsgrundlage. Aus der Kulturhauptstadtbewerbung haben wir die Erkenntnis gewonnen, dass der Prozess gelebt werden muss und alle Menschen in der Stadt aus den verschiedensten Bereichen aktiv mit einbezogen werden müssen. Der neu gegründete Verein „Netzwerk Freie Kultur e.V.“ ist ein gutes Beispiel. Dort organisiert sich die vielfältige freie Kulturszene mit Unterstützung der Stadt dauerhaft, im erweiterten Vorstand sind Politik und Verwaltung mit dabei. Die Förderung und der Ausbau der

Kultur geschieht auf Augenhöhe, im Miteinander. Davon profitieren die freie Kultur und kommunale Einrichtungen gleichermaßen und somit die gesamte Kulturstadt Magdeburg. Für Magdeburg gibt es ganz konkrete Bausteine.

Das AMO als Kultur- und Vereinshaus muss erhalten werden. Das ist so wichtig für Magdeburg. Nicht nur wegen der Geschichte. Dort können übergreifend jede Menge Angebote für Jüngere und Ältere stattfinden, was generationsübergreifend allen zugutekommt und dazu Vereine eine Heimstätte finden.

Wir brauchen auch zielgruppengerechte Angebote der „klassischen Kultur“. Wie z.B. frühere Spielzeiten in Theater, Oper und Ballett für Senior*innen (viele gehen abends im Dunkeln ungern aus dem Haus). Außerdem muss es auch Angebote geben für Menschen, die sich „normale“ Eintrittsgelder nicht erlauben können, wie kostenlose Generalproben.

Kultureinrichtungen sind wichtige Bausteine unserer Gesellschaft. Orte der Begegnung, des Miteinanders. Alle Menschen sollen in den Genuss kommen können, die Kraft und die Schönheit der Kultur erleben zu können. Deswegen sollen sich unsere Kulturhäuser noch mehr in die Stadt hinein öffnen.

Corona hat es noch deutlicher ans Licht gebracht: Magdeburg geht die Clubvielfalt verloren. Dagegen müssen wir nach Ende der Pandemie verstärkt angehen. Eine Landeshauptstadt braucht eine Ausgehmeile für alle. Und da spielt natürlich auch das Thema Hasselbachplatz mit rein. Die Altbauten mit dem ganz besonderen Flair, das müssen wir nutzen. Natürlich können wir Hausbesitzer nicht zwingen, nur Gastronomie als Mieter*innen zuzulassen. Aber wir können Anreize schaffen, damit dem Hasselbachplatz wieder neues Leben eingehaucht wird.

Mehr Menschen, andere Menschen in unserer Stadt mit Ansprüchen an Angebote an Kneipen- und Clubszene, neue Formate, ein sicherer Ort insbesondere rund um den Hasselbachplatz werden zu einer Stabilisierung und Entwicklung der Szene führen. Mit Schaffung von möglichen „Freiräumen“ wie derzeit Gestaltung der Außengastronomie kann die Betreibung gestaltet werden. Gemeinsame Veranstaltungen von Stadt und Clubszene in ansprechenden Formaten, Kommunikation mit Betreibern und Vermietern zu Konditionen könnten hilfreich sein.

Durch Unterstützung der privaten und ehrenamtlichen Aktionen wie Otto pflanzt, Mein Baum für Magdeburg, Ersatzpflanzungen von notwendig gefällten Bäumen, Einhaltung der Kaltluftschneisen, Prüfung von möglichen Gründächern, Solaranlagen auf städtischen Gebäuden, Erhalt von Grünflächen, Überprüfung der Baumschutzsatzung hinsichtlich der

Verpflichtung bestimmter Gehölzarten bei Ersatzpflanzungen, Energiesparmaßnahmen in der Verwaltung durch kluge Raumnutzungsmodelle/Homeoffice, Steigerung der Attraktivität des ÖPNV durch mehr Service, Radverkehrssanierung für die steigende Nutzung des Rades. Im Grunde Umsetzung des Masterplans Klima 100 % mit klaren, erreichbaren und zeitlich definierten Zielstellungen.

Bettina Fassl

Bettina Fassl (54)
Kandidatin der Tierschutzallianz und kaufmännische Angestellte
© Bettina Fassl

Das zunehmende Bewusstsein der Verletzlichkeit unserer Erde wird durch den drohenden Klimawandel wachsen. Menschen werden nicht mehr zweimal jährlich in die entferntesten Gegenden unserer Welt fliegen, um am Strand zu liegen, sondern sich wieder auf die regionalen Ausflugs- und Urlaubsziele besinnen. Hier sollte Magdeburg seine Stärke der kulturellen, geschichtlichen und örtlichen Verwurzelung in der Mitte Deutschlands nutzen. Mit den richtigen Weichenstellungen hat unsere Stadt die Chance, nicht mehr nur Durchreiseposten im Dreieck Hannover-Leipzig-Berlin zu sein, sondern Ziel für einen Urlaub, der viele Interessen abzudecken vermag. 

Wir müssen akzeptieren, dass der Internethandel nicht mehr aus unserem Leben verschwinden wird. Man kann einer verödenden Innenstadt nur mit neuen Mobilitäts-, Handels- und Gastronomiekonzepten entgegenwirken. In Vilnius öffnete man 18 öffentliche Plätze für die Gastronomie, um ihr in Coronazeiten mehr Platz für nötige Abstandsregeln zu bieten. Jetzt ist die Innenstadt dort ein großes Freiluftcafé. Wir sollten mehr Menschen auf die Nebenstraßen holen, Kinder mit Kreide malen lassen, ohne Bußgelder fürchten zu müssen, und Plätze auch mal für kostenlose Aktionen heimischer Künstlerinnen und Künstler zur Verfügung stellen. Der Domplatzrand oder die Elbuferpromenade könnte mit mehreren fest installierten Schachtischen – darunter auch ein 3-Personen-Schach- auch jedes sonnige Wochenende Menschen in die Innenstadt holen. 

Ein guter Branchenmix ist das A und O, um nicht von einem großen Unternehmen so abhängig zu sein, dass dessen Schließung eine Katastrophe auslöst. Investitionen um jeden Preis jedoch sind zu vermeiden. Ich setze auf nachhaltigere Ansiedlung, also auch auf Start-ups und kleine Unternehmen, auf Tourismus, Kunst und Kultur. Wir dürfen uns als Stadt auch nicht von der Nachbarschaft abgrenzen oder uns gegeneinander ausspielen, sondern als Region zusammenhalten und gute Beziehungen pflegen. 

Ich verstehe mich als Moderatorin und Ideengeberin für städtische Gremien, Vereine und die Wirtschaft. Gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung möchte ich die Stadt zu einem echten Dienstleister für die Bevölkerung umbauen. Das beginnt schon beim Ton im Schriftverkehr. 

Unsere Stadt hat Möglichkeiten, die nicht im Entferntesten ausgeschöpft sind. Das Potenzial Magdeburgs, wie es durch seinen Standort und seine geschichtliche Rolle vorgegeben ist, ist aber nur erschließbar im Miteinander mit den Menschen, deren Anliegen, Initiativen und Ideen offen aufzunehmen sind und nicht als Störung abgetan werden. Es genügt nicht die brave Erfüllung von Pflichtaufgaben. Man muss auch neue Wege versuchen, also: Neue Perspektiven entwickeln.

Zu meinen Lieblingsorten zählt der Bereich Stadtpark/Elbe, in meiner Freizeit bin ich gern in unseren Parkanlagen unterwegs. 

Die aktuelle Flüchtlingswelle aus der Ukraine zeigt, dass eine Fluchtwelle kein Einzelphänomen sind, sondern wir zu jedem Zeitpunkt Unterbringungsmöglichkeiten für in Not geratene Menschen bereitzuhalten müssen.

Der Stadtpark meiner Kindheit war beliebtes Ausflugsziel und Anziehungspunkt für die Menschen weit über die Stadtgrenzen hinweg. Auch heute wird er gern für Freiluft-Veranstaltungen genutzt, weshalb ich nicht nachvollziehen kann, weshalb nach dem Abriss der Bühnen I und II kein Ersatz geschaffen wurde. Eine Wiederbelebung einer Festspielbühne für kulturelle Veranstaltungen ist zu prüfen und zu entwickeln. Aufgreifen kann man zudem das ehemals beliebte jährliche Pressefest als neues Medienfest – der MDR hat seinen Sitz im Vorhof des Parks. Eine Verlegung des Sommertheaters vom Domplatz hin in den Vorderbereich des Parks könnte den Dauerzwist auf dem Domplatz entspannen. Auch an der Elbe kann man schöne Freiluftkultur genießen und der Domplatz kann genutzt werden, ohne auszugrenzen. 

Unser Kloster gehört wachgeküsst. Nicht hinnehmbar ist, dass der alte Bestand der Klosterbibliothek weitere 20 Jahre in Kisten dahinvegetiert. Ich vermisse Ausstellungen, die nicht nur eine Handvoll Menschen interessieren. Der Platz neben unserem ältesten Sakristalbau fristet ein weitgehend unbeachtetes Dasein. Um die Statuen zu entdecken, muss man schon wissen, dass sie auch da sind und gezielt nach ihnen suchen. Auch könnte das Kloster Veranstalter einer weiteren jährlichen Kunstmesse in Mitteldeutschland sein. Künstlerinnen und Künstler, vor allem zu Beginn ihres Schaffens, suchen nach Möglichkeiten, sich einer wachsenden Besucherschar vorstellen zu können. Kulturschaffende aus der ganzen Welt und auch Absolventen vieler Kunstschulen, auch der Burg Giebichenstein in Sachsen-Anhalt, nutzen jährlich die Grassi-Messe in Leipzig, um sich der Öffentlichkeit vorzustellen. Warum sollte man nicht auch Publikum in und um Magdeburg ansprechen können? Magdeburg kann doch mehr sein als nur Haltestation am Hauptbahnhof! 

Außerhalb der Zeiten, in denen großen Ausstellungen die Menschen in unser Kulturhistorische Museum locken, erweckt es den Eindruck, in einem Dornröschenschlaf zu liegen. Rezensionen im Internet beklagen die zu frühe Schließzeit bereits um 17 Uhr. Menschen berichten, dass sie um 16.40 Uhr gebeten wurden, das Haus zu verlassen. Bei Besuchen des Hauses erfährt man schon mal aus Gesprächen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von einem enormen Personalmangel, sodass Sonderschichten und auch Rückrufe aus dem Urlaub keine Ausnahme, sondern offenbar Standard sind. In Magdeburg sollten wir ein Konzept erarbeiten, der einem anderen Umgang mit den Einrichtungen als Ziel hat. Museen sind Teil der Bildung, auch und vor allem jüngerer Menschen. So können in den bedeutenden Museen wie das Grassi-Museum in Leipzig oder das Germanische Nationalmuseum im Nürnberg, das zu den größten unseres Landes zählt, Menschen einmal monatlich gratis in die Ausstellungen. Auch Chemnitz hat einen solchen kostenlosen Besuchertag im Mai 2019 eingeführt mit der Begründung: Das kulturpolitische Ziel des freien Eintritts ist es, Besucherinnen und Besucher anzulocken, die normalerweise nicht ins Museum kommen und freie Teilhabe an Kunst, Kultur und Bildung anzubieten. Zudem sollen die Häuser belebt und geöffnet werden. Die Erfahrungen anderer Städte in Deutschland zeigen, dass vornehmlich bei Besuchergruppen bis 30 Jahre erhebliche Effekte erzielt werden können.“ (Chemnitz` Kulturbürgermeister Ralph Burghart in www.tag24.de vom 23.04.2019). Menschen, die Kunst und Kultur zu schätzen wissen, randalieren und zerstören nicht. 

Nicht nur eine Annehmlichkeit, sondern absolut notwendig ist bei einem mehrstündigen Besuch eines Museums einer Landeshauptstadt eine Pause einlegen zu können. Hier kann man über das Gesehen nachdenken, im Katalog blättern und bei Kaffee und Kuchen neue Kraft schöpfen. Das Kulturhistorische Museum bietet außer einem lieblosen Automaten keinerlei gastronomische Angebote. Auch das Ottonanium schöpft sein Potenzial nicht mal ansatzweise aus. Es liegt genau dem Dom gegenüber, aber die Freifläche vor dem Haus – sogar unter Bäumen – bleibt bislang ungenutzt. 

Aufarbeiten möchte ich, warum die Verwaltung dem Antrag auf Rückholung der Gläsernen Blume, die jahrelang Treffpunkt und Magnet im Eingang des Palastes der Republik war, in ihren Heimatort Magdeburg nicht folgte. Der Antrag beinhaltete nicht nur die Prüfung einer möglichen Aufstellung in der restaurierten Hyparschale, sondern auch die Prüfung anderer Standorte unter Einbeziehung des noch lebenden Künstlers, der ebenfalls nicht kontaktiert wurde. Die Blume – ein herausragendes Stück unserer jüngsten Geschichte mit hohem Symbolwert – in einem Berliner Depot verrotten zu lassen, ist für mich keine Option. Sie könnte an vielen Stellen – z. B. in der Hyparschale oder im Elbauenpark – ein Glanzstück und Touristenmagnet sein. 

Es gibt bundesweit einige private Initiativen, anhand von Originalgegenständen über das Leben in der DDR zu informieren. Das Interesse in der Bevölkerung und auch bei Gästen aus dem Ausland an diesem Zeitabschnitt wächst. Ich befürworte den Aufbau eines DDR-Museums. Geeigneter Platz wäre beispielsweise in der Gieseler-Halle. Hier könnten auch Fragmente zerstörter Kirchen ein würdiges Gedenken erhalten. 

Menschen, die in unserer Stadt geboren oder anderweitig mit ihr verbunden sind und einen bedeutenden Platz in den Geschichtsbüchern eingenommen haben, sollten mehr als bisher auch in die Gegenwart geholt werden. Viele inzwischen in anderen Bundesländern lebende ehemalige DDR-Bürger werden gern in unsere Stadt kommen, um im Jahr 2027 den 100. Geburtstag von Rolf Herricht zu begehen. Ernst Reutter muss nicht länger nur als Regierender Bürgermeister von Berlin in Erinnerung bleiben, wo er doch viele Jahre vorher bereits die Geschicke unserer Stadt als Oberbürgermeister mit lenkte. 

Eine interessante Gelegenheit, sich mit der Geschichte und Bedeutung Magdeburgs vertraut zu machen, ohne künstliche Attrappen etwas vorgaukeln zu lassen, ist ein Panometer, in welches zu investieren sich für die Stadt lohnen würde. Im Dresdner Panometer konnte man den Angriff in der Bombennacht am 13.02.1945 so intensiv nacherleben wie sonst nirgend außerhalb von Kriegszeiten. In Leipzig bietet das Panometer mit „Carolas Garten“ bis 28. März noch beeindruckende Einblicke in die Pflanzen- und Insektenwelt, wie es kein Lehrbuch aufzeigen kann, bevor dann ab 09.04.2022 mit „New York 9/11“ für die nächsten zwei Jahre wieder ganz andere Emotionen geweckt werden. In Wittenberg wird die Geschichte der Reformation und das Leben Luthers greifbar. Magdeburg hat viele Themen zu bieten, die in einem Panometer Geschichte erlebbar gemacht werden könnten: Die Zeit um Otto dem Großen, den Dombau, der 30-jährige Krieg, Otto-von-Guericke und der 400. Jahrestag der Zerstörung Magdeburgs im Jahr 1631, das Magdeburger Recht, aber auch die verheerende Bombennacht des 16. Januar 1945 oder auch eine Ausstellung zu den in den Nachkriegsjahren gesprengten Kirchen im Osten Deutschlands bieten Themen für Besucherströme für die nächsten Jahrzehnte. Als Standort bietet sich z. B. der Parkplatz an der Herrenkrugbrücke an. Hier muss nichts mehr versiegelt werden. Parkplätze stehen bereits zur Verfügung und werden derzeit so gut wie nicht genutzt. Der Weg über die Herrenkrugbrücke und die Nähe zum Elbauenpark können so zu einem weiteren komplexen Ausflugsziel weiterentwickelt werden, das einen eigenen Besuch in unserer Stadt lohnenswert macht. 

Ausstellungen begeistern, wenn Themen angesprochen werden, die vielen ein Begriff sind. Eines der bedeutendsten Werke von Ernst Barlach ist in Magdeburg zu finden – das Ehrenmal im Magdeburger Dom. Viele seiner Werke sind in seinem Wohnhaus, dem heutigen Barlach-Museum in Güstrow, zu sehen. Schloss Schleswig ermöglichte 2020 eine umfangreiche Barlach-Ausstellung. Warum war dies bisher in Magdeburg nicht möglich?! 

Ein Teil der für die Bewerbung „Kulturhauptstadt 2025“ erarbeiteten Konzepte könnten den EuroPride 2025 in Magdeburg unterstützend ergänzen.

In Magdeburg war vieles möglich. Bruno Taut, Carl Crayl, Johannes-Göderitz u. v. a. haben in ganz Europa mit frischen Ideen, Mut zur Farbe und Gestaltung Maßstäbe gesetzt. Mit Stadthalle, Albinmüller-Turm, der Curiesiedlung, Otto-Richter-Straße, der Gartenstadt Reform etc. finden sich noch heute einzigartige Zeugnisse dieser Zeit. Die Masse der Neubauen der letzten drei Jahrzehnte dagegen glänzt durch Beliebigkeit. Ähnliche Gebäude finden sich in vielen Städten. Es fehlt einfach der Mut und der Wille, dem Zeitgeist entsprechend und nicht rückwärtsgewandt etwas Neues und Einzigartiges zu schaffen. Städte wie Rotterdam werden aufgrund ihrer einzigartigen Architektur von Menschen aus aller Welt besucht.  

Wernigerode als „Bunte Stadt im Harz“, die Golden Gate Bridge oder die südkoranischen Inseln Banwol und Bakju, auf denen nicht nur der Lavendel blüht, sondern auch fast alles andere in leuchtendem Lila erstrahlt – kein Ort und keine Sehenswürdigkeit sind bisher durch ihre schönen Grautöne bekannt geworden. In Magdeburg hat die Verwaltung bereits ein Problem damit, für den Holzweg, der für seine Blütenpracht zur Kirschblüte bekannt ist, ein touristisches Schild „Sakura-Allee“ zu genehmigen. Eine Toiletten-Anlage am Rand des Nordparks wird mit dem Hinweis auf den Denkmalschutz abgelehnt. 

Ob es Musikfahrten auf Schiffen der Weißen Flotte sind, eine Hafengalerie für großflächige legale Graffiti wie in Linz, wo die Stadt seit den 1970er-Jahren einen Imagewandel geschafft hat und heute für zeitgenössische Kunst, zukunftsweisende Wissenschaften und Avantgarde steht, ob unbürokratische Nutzung der Nebenstraßen in den Sommermonaten für Außengastronomie mit Kulturprogramm – ich engagiere mich für jeden nachvollziehbaren Vorschlag, der unsere gebeutelte Kulturlandschaft aufatmen, sich entwickeln und wieder erholen lässt. Sinnvolle Anträge hierzu sollen nicht mehr wie bisher zuerst auf Ablehnungsmöglichkeiten, sondern auf Umsetzbarkeit geprüft werden.

Ich finde es unerträglich zu lesen, dass der Wobau-Chef zentrale Ladenflächen ein Jahr leer stehen lässt, weil er auf den Einzug eines Schweizer Scholokadenanbieters hofft, dessen Produkte in jedem gut sortierten Lebensmittelmarkt erhältlich sind, dagegen aber hinnimmt, dass durch die Pandemie in finanzielle Not geratene Händler, Clubs, Kneipen einfach aufgeben müssen. Dort, wo die städtische Wobau Vermieterin von Gewerberäumen ist und Mietrückstand auf die coronabedingten Schließungszeiten zurückzuführen sind, ist den Gewerbetreibenden bei der Mietzahlung entgegenzukommen. 

Ich halte nicht nur den Erhalt der bestehenden Parks für notwendig, sondern die Schaffung weiterer Grünanlagen, wie z. B. von vielen Bewohner am Kannenstieg gewünscht, gerade jetzt, wo dort viele Bäume dem Trassenbau der MVB zum Opfer fielen. 

Wir haben einen Stadtpark, der dem Wörlitzer Park in nichts nachstehen müsste. Eine Wohnbebauung muss tabu bleiben! Baumaßnahmen sollten nur zum Zweck der Erholung und Regeneration erfolgen – und auch diese nur im vorderen Bereich, um der Tierwelt einen ausreichenden Schutz zu bieten. 

Trotz vieler grüner Oasen gibt es auch in Magdeburg Flächen, die trostlos wirken. Beispielhaft ist der Teil der Otto-von-Guericke-Straße in Höhe des City-Carré, wo einige lieblose Töpfe mit verdorrten Pflanzen wenig einladend auf Bevölkerung und Gäste der Stadt wirken. Dort, wo Bäume nicht gepflanzt werden können, sind alternative Möglichkeit der Begrünung an Laternen und Masten, Lärmschutzwänden und Vertikalbegrünung von Neubauten zu prüfen, wie sie in vielen anderen Städten das Stadtbild verschönern. 

Das ehemalige BUGA-Gelände – der heutige Elbauenpark – wurde seit 1999 zwar um einige Attraktionen weiterentwickelt, aber das, was seine eigentliche Bestimmung – eine Oase für Landschafts- und Garteninteressierte in Kombination mit wachsenden Attraktionen eines Erlebnisparks für alle Generationen sein sollte, konnte bis heute nicht in dem Maß erreicht werden. Selbst der kleine Ort Bad Langensalza zieht mit seinem Japanischen Garten, dem Rosengarten und vielen anderen Attraktionen täglich viele Busladungen voller Menschen in den 17.000-Seelen-Ort. 

Blickt man nach Erfurt – dem Austragungsort der BUGA 2021 – so sieht man, welches Potenzial bislang in Magdeburg nicht genutzt wurde. Die BUGA Erfurt baute auf eine seit Jahrzehnten bestehende Gartenausstellung – der iga zu DDR-Zeiten und der späteren ega auf. Die Erweiterung des Elbauenparks nach Ende der BUGA um jeweils nur eine Attraktion jährlich hätte inzwischen zu 22 zusätzlichen Anziehungszielen geführt, die auch weiterhin nicht nur die einheimische Bevölkerung, sondern auch Touristen auf das Gelände ziehen würde. Vorstöße in diese Richtung werden aber in schöner Regelmäßigkeit von Teilen der Verwaltung abgeblockt – teils mit wirklich absurden Begründungen. Ganz aktuell wird die Einrichtung einer neuen Blühwiese mit „Platzmangel“ abgewiesen. „Platz“ jedoch sehen aufmerksame Besucher des Parks sehr viel. Mit einer intensiv beworbenen Baumpflanzaktion, in der Sponsoren nicht hunderte Euro bezahlen müssen, sondern sich normale Haushalte schon mit 50,- € oder 100, € beteiligen können, würde insgesamt sicher mehr Spendengelder für mehr Bäume akquirieren und die Verbundenheit einer größeren Anzahl naturinteressierter Menschen mit dem Park fördern. Ein schön angelegtes Labyrinth könnte in wenigen Jahren zu einer weiteren Attraktion werden. Ein schlichtes Gräserareal wäre eine kostengünstige, aber schöne und vor allem im Herbst farbenfrohe Möglichkeit, den Park zu bereichern. 

Verkehrstechnisch haben Abgaben auf zurückzudrängenden Verkehr – wie den individuellen Pkw-Verkehr – nur Sinn, wenn dadurch alternativer Verkehr (Bahn, Bus) und vernünftige Radwege zugänglich gemacht wird. Zu Recht sind die Bürger verdrossen, wenn gleichzeitig mit der Einführung der Ökosteuer vor zwei Jahrzehnten dann auch die Preise der MVB stiegen. Inzwischen kam die CO₂-Steuer hinzu. Was die neue Ampel-Koalition mit der Vorgabe ihres ehrgeizigen Klimazieles fordert, muss auf regionaler Ebene umgesetzt werden, für die Menschen aber finanzierbar sein. Die Verwaltung soll ein Konzept für ein Pilotprojekt erarbeiten und zudem mögliche Fördergeldquellen beim Bund und der EU prüfen. Nach drei oder fünf Jahren kann ein Fazit gezogen werden. 

Das Umweltbewusstsein vieler Menschen hat sich geändert. Man will nicht mehr mit dem Auto zum Bäcker um die Ecke, man nimmt das Rad oder möchte die Bahn nutzen. Stünde da nicht die unentwegte Preisschraube im Weg. Die Alternative „Öffentlicher Nahverkehr“ hat sich derart verteuert, dass viele Bürgerinnen und Bürger inzwischen lieber zu Fuß gehen oder überhaupt nicht mehr in die Innenstadt fahren. 

Statt einerseits die Autofahrer zu gängeln und andererseits die Preisschraube für die öffentlichen Verkehrsmittel immer mehr nach oben zu drehen, möchte ich Magdeburg zur Modellstadt für kostenlosen Nahverkehr entwickeln. Zwar sorgen viele Baustellen derzeit noch für längere Fahrwege durch Absperrungen und Umleitungen, dennoch sind wir noch weit entfernt von dem, was in anderen Städten „Stau“ genannt wird. Auch die Parkplatzsituation ist längst nicht so angespannt wie in vielen – vorwiegend westlichen – Städten. Ein gut ausgebautes Nahverkehrsnetz ist vorhanden, sodass die Stadt für den Modellversuch prädestiniert ist. Wer ohne langes Warten kostenlos zum Arbeitsplatz fahren kann, wird sich die Nutzung des eigenen Pkw überlegen. Magdeburg punktet als innovative, moderne Stadt und kann sowohl den CO₂-Ausstoß als auch Parkplatznot verringern. 

In Zeiten klammer Kassen den ÖPNV gratis anbieten? Zunächst einmal ist klarzustellen, dass dieser Schritt nicht in ein, zwei Jahren umzusetzen ist. Der scheidende Amtsinhaber hinterlässt eine Mega-Baustelle, die vermeidbar gewesen wäre. Allein mit den hierfür aufgewandten Kosten hätte die Stadt mühelos aus eigener Kraft den Modellversuch „Kostenloser ÖPNV“ finanzieren können. 

Ein erster Schritt ist, das Angebot der MVB grundlegend zu verbessern. Kurzfristig befürworte ich eine Rückkehr zu einem Ticket für 90 min incl. Rückfahrt. Auch ein pauschales Kurzzeitticket für 10 – 15 min für etwa 1,- € brächte verlorene Fahrgäste zurück in die Bahn. Durch den Zugewinn an Fahrgästen würden wieder mehr Einnahmen erzielt. Ob die Bahn 50 Fahrgäste zu höherem Preis oder 100 Fahrgäste zu reduziertem Preis durch die Stadt bringt, kommt am Ende aufs gleiche Ergebnis heraus. Leerfahren machen die Umwelt nicht sauberer. 

Parallel hat die Verwaltung Einnahmeverluste durch einen kostenlosen ÖPNV für alle gegen Einsparungen aufrechnen. Hierbei sind einzusparende Gelder durch Vergrößerung der Sanierungsintervalle des Straßenbelags, Fahrscheindruck und -verkauf, Kontrollen, Bestückung und Wartung der Fahrscheinautomaten, Wegfall des Mahnwesens den positiven Auswirkungen auf Stadtklima und Ansehen der Stadt gegenüberzustellen. Der kostenlose Nahverkehr nur für Menschen bis 18 Jahren berücksichtigt diese Einsparungen nicht. Erfahrungen aus Luxemburg, Melbourne und Perth, aber auch der kostenlose Fährverkehr in Amsterdam sind hierbei mit einzubeziehen. Ebenso wie die Erfahrungen aus Monheim, dessen Angebot sich nur auf die Einwohner bezieht, weshalb die Kosten für Fahrscheine, Kontrollen, Mahnwesen etc. weiterhin für die Gäste der Stadt anfallen. Hier wäre ggf. die Einführung einer pauschalen „Gäste-Taxe“ mitzuprüfen. Weitere Einnahmemöglichkeiten sind die Erhöhung der Bußgelder für Verunreinigungen, z. B. das Liegenlassen von Hinterlassenschaften durch Hundehalter oder das Wildpinkeln.

Tobias Krull

Tobias Krull (44)
Der Verwaltungsfachwirt sitzt seit sechs Jahren für die CDU im Landtag.
© Rayk Weber

Magdeburg bietet unterschiedlichste Aspekte und bietet seinen Bewohnerinnen und Bewohnern viel. Dabei können wir zu Recht stolz darauf sein, was erreicht wurde. Aber ohne die Herausforderungen und die Punkte zu vergessen bei denen wir noch besser werden müssen. Als Oberbürgermeister will ich gestalten. Dazu gehört zuerst die Sachlage zu klären und den Menschen zuzuhören, was deren Wünsche sind. Dann heißt es, politische Mehrheiten zu organisieren und die Vorhaben umzusetzen. 

Das hängt sehr von der persönlichen Stimmung ab. Manchmal da, wo richtig viel los ist, und dann in anderen Momenten ein stiller Platz an der Elbe um Kraft zu tanken und Ideen in Ruhe weiterzuentwickeln. Mit der Familie bin ich gerne zum Beispiel im Zoo unterwegs. Ansonsten versuche ich im gesamten Stadtgebiet die unterschiedlichsten Angebote zu nutzen.

Unabhängig davon, wie dieser Beschluss zustande gekommen ist, bedarf es einer Abstimmung mit dem Land, aber vor allem dem Bund, um hier eine Umsetzung vor Ort zu gestalten. Gerade erleben wir ja, dass unsere Stadt zahlreiche Flüchtlinge aus der Ukraine aufnimmt. Hier müssen schnellstmöglich Schritte unternommen werden, damit diese hier angemessene Lebensbedingungen finden.

Innerhalb des Bewerbungsverfahren um den Titel Kulturhauptstadt wurde einer breiten Öffentlichkeit deutlich, wie vielfältig das kulturelle Angebot in Magdeburg ist. Magdeburg verfügt also nicht nur über ein reiches kulturelles Erbe, sondern auch über viel kulturelles Potential. 

Wir haben mit unserer vielfältigen Museumslandschaft und historischen Gebäuden, vor allem dem Magdeburger Dom, hier einen echten, auch touristischen, Vorteil den es zu nutzen gilt. Die freie Kulturszene hat mit der Gründung eines Vereins einen guten Impuls geliefert. Es gilt eine gute Zusammenarbeit zwischen staatlichen Kultureinrichtungen und der freien Kulturszene zu organisieren. 

Die kommunalen Förderprogramme sind mit an den Bedürfnissen der potenziellen Fördermittelempfänger auszurichten.  Nach Möglichkeit müssen einzelne Teile des geplanten Programms für die Kulturhauptstadt unter der Einbindung privater und öffentlicher Mittel auch so in Magdeburg umgesetzt werden.

Gemeinsam mit den Verantwortlichen will ich nach Wegen suchen, hier die Freiheiten zu ermöglichen die für den Neustart, unabhängig von Landes- und Bundesprogrammen, notwendig sind. Neben den Erleichterungen die durch ein flexibles Handeln der Kommunalverwaltung möglich sind, sehe ich auch den Bedarf, den Wert der Kulturlandschaft für Magdeburg deutlich zu machen. Bezüglich der Sperrstunde muss es gemeinsame Lösungen geben, die auch von den Anwohnerinnen und Anwohnern mitgetragen werden.  

Die Club- und Kneipenlandschaft hat unter den letzten zwei Jahren sehr gelitten. Da, wo die Stadt unterstützen kann, zum Beispiel durch erleichterte Genehmigungen für die Außengastronomie, muss entsprechend gehandelt werden. Im Konfliktfall mit Dritten hat die Stadt eine aktive Rolle einzunehmen, um eine tragbare Lösung zu finden. Um für Menschen, insbesondere jüngere, als Lebensort attraktiv zu sein, braucht es hier eine lebendige Club- und Kneipenlandschaft.

Wir brauchen eine klimagerechte Stadt. Bezüglich des öffentlichen Grüns geht es um den grundsätzlichen Erhalt der bestehenden Flächen wie zum Beispiel Kleingärten und Parkanlangen. Dachbegrünungen, sowie vertikale Grünanlagen sind, wo dies möglich ist, zu etablieren. Darüber hinaus setze ich mich für einen Waldschutzriegel entlang der A14 sowie A2 ein. Dieser ist nicht nur gut für das Stadtklima, sondern auch als Lärmschutz für die betroffenen Bewohner. Bei Investitionsvorhaben sind Maßnahmen des Klimaschutzes und der nachhaltigen Energiegewinnung/-nutzung immer mit zu berücksichtigen. Vorhaben wie „Mein Baum für Magdeburg“ und private Initiativen wie „Otto pflanzt“ sind zu unterstützen. Die Infrastruktur der Stadt muss auch bereit gemacht werden für Starkregen- und Hochwasserereignisse, genauso wie für Hitzeperioden, zum Beispiel durch die Einrichtung von Kälteinseln.

Jens Rösler

Jens Rösler (53)
Kandidat von der SPD und von Beruf Finanzwirt.
© Jens Rösler

Für mich als gebürtigen Magdeburger sind es die Magdeburgerinnen und Magdeburger selbst. So wie ich sind es meistens bodenständige, ehrliche und heimatverbundene Menschen. Unsere Heimatstadt punktet darüber hinaus mit der zentralen Lage in Deutschland und Europa, der guten Wohn- und Lebensqualität und den kulturellen Angeboten.

Für mich steht daher die gemeinsame Diskussion von Lösungen und Alternativen im Mittelpunkt. Ich möchte auf Augenhöhe und mit Transparenz beraten und entscheiden. Das schafft Vertrauen.

Als Oberbürgermeister werde ich dabei u. a. um Gewerbeansiedlungen für Arbeitsplätze mit Perspektiven kümmern, ein Digitales Bürgerbüro einrichten, Fuß- und Radwege ausbauen und Magdeburg zur Kulturstadt mit vielen kreativen Freiräumen entwickeln.

Meine Lieblingsorte sind die Sohlener Berge, der Elbauenpark, die Möllenvogtei hinter dem Dom und das Hundertwasserhaus. In der Freizeit bin ich gerne mit dem Fahrrad entlang der Elbe unterwegs, gehe gerne zu Konzerten z. B. im Moritzhof, bin regelmäßig Zuschauer beim Fußball oder Handball und spiele selbst noch etwas Volleyball.

Es ist eine humanitäre Pflicht in Not geratenen Menschen Unterstützung und Obdach zu gewähren. Das gilt übrigens nicht nur für geflüchtete Menschen. Bei aus dem Mittelmeer geretteten oder in der Ägäis gestrandeten Menschen bleibt uns der immer wieder artikulierte Appell an die Bundesregierung und die Europäische Union menschlich zu handeln. Wir können Hilfe anbieten und für dieses Thema die Öffentlichkeit suchen. Wir haben in der Vergangenheit gemeinsam gezeigt, dass Magdeburg dazu in der Lage ist.

Mir ist es wichtig, das sich die Kulturszene unabhängig von der Stadtverwaltung stärker vernetzt und selbst organisiert, um die künstlerische Vielfältigkeit zur Geltung zu bringen. Diese Vernetzung und den Zusammenschluss der Kultureinrichtungen und kulturellen Zentren muss die Stadt aber aktiv fördern und damit die Möglichkeiten für das Abrufen von EU- und Bundesfördermittel verbessern. Damit können viele der kleineren Projekte der Kulturhauptstadtbewerbung umgesetzt werden. Den Ausbau der städtischen Förderung für alternative Kunstprojekte werde ich fortführen und darüber hinaus einen Fokus auf neue künstlerische Projekte zur Belebung der Innenstadt legen. Dabei können die studentischen Initiativen, die Galerien, das Forum Gestaltung, aber auch Gaststätten zu Kristallisationspunkten werden. Für die kostenintensiven Kunst- und Museumsprojekte in Trägerschaft der Stadt werde ich mich persönlich bei der Werbung um Drittmittel engagieren, um auch diese Projekte zu realisieren.

Im Zusammenhang mit der vorhergehenden Frage habe ich bereits wichtige Punkte aufgezählt, die für die Kulturszene von Bedeutung sein werden. Dabei ist es wichtig, die Hürden bei der Nutzung von öffentlichen Flächen abzubauen bzw. die Genehmigung für Projekte im öffentlichen Raum in eine Hand zu geben. Trotzdem werden gerade bei großen Veranstaltungen im Freien die Interessenkonflikte nicht zu vermeiden sein. Hier sind vertrauensvolle Absprachen, die das Machbare in den Vordergrund stellen, wichtig. Dies trifft auch auf die Zusammenarbeit des Kommunalen Gebäudemanagements mit den Kultureinrichtungen und soziokulturellen Zentren zu. Die Kultureinrichtung benötigen bei der Bewirtschaftung der Immobilien mehr Unterstützung.

Die günstige Bereitstellung von zusätzlichen öffentlichen Flächen für die Außengastronomie, auch die Nutzung von Verkehrsflächen kann zu positiven Ergebnissen beitragen. Die Integration von ausländischen Arbeitskräften z. B. in der Gastronomie muss durch die Ausländerbehörde schneller erfolgen. Ein Schwerpunkt wird für mich auf dem Hasselbachplatz liegen. Die Hasselmanagerin benötigt mehr Unterstützung für Imagekampagnen und Projekte, ein aktives Vermietungsmanagement muss etabliert werden, der Kontrolldruck durch die Stadtwache in den späten Abendstunden muss erhöht und mit der MVB können Ticketvereinbarungen getroffen werden. Wichtigster Punkt ist aber, durch Wirtschaftsansiedlungen und die Kooperation mit den Hochschulen junge Menschen in Magdeburg zu halten und das Durchschnittseinkommen in der Stadt zu erhöhen.

Eine Stadt ändert sich fortlaufend. Unsere Innenstadt muss urbaner werden. Dabei müssen verlorene Bäume schnell wieder ersetzt werden, das trifft besonders auf die Innenstadtstraßen zu. Ich möchte, dass pro gerodetem Baum drei neue gepflanzt werden. Dafür muss der Stadtgartenbetrieb mehr finanzielle Mittel erhalten. Die Stadt muss aber auch private Initiativen wie „Otto Pflanzt!“ bei der Suche nach Grundstücken unterstützen. Dach- und Fassadenbegrünungen, sowie die Entsiegelung von Verkehrsflächen werden im Fokus stehen. Viele Punkte aus der Unterschriftensammlung zum „Radentscheid“ können umgesetzt werden. Die größte Herausforderung im Bereich des Klimaschutzes ist aber, die Energieversorgung der gesamten Stadt auf klimaneutrale Energien umzustellen. Dafür werde ich schnellstmöglich zusammen mit der SWM die nächsten Schritte gehen, damit die notwendige Leitungsinfrastruktur errichtet wird.

Dr.-Ing. André Jordan

Kandidat von der Partei und von Beruf Altruistischer Wissenschaftsingenieur.
© André Jordan

Die Bevölkerung Machdeburchs ist vielfältig und bunt. Den meisten Machdebürgerinnen ist leider gar nicht bewusst, welch ungenutztes Potential in ihnen steckt! Meine Aufgabe als Oberbürgermeisterin sehe ich darin, dieses Potential mit einem großen Knall freizusetzen. BÄÄÄM!!!

Leider habe ich bislang kaum Freizeit, die ich nutzen könnte, um Machdeburch nach potentiellen Lieblingsorten zu durchforsten. Wenn ich Oberbürgermeisterin bin, wird sich dies hoffentlich ändern.

Da das Bewerbungsbüro offensichtlich nicht in der Lage war, wettbewerbsfähige Kulturkonzepte zu entwickeln und zu vermarkten, sollten wir alles, was mit Kultur zusammenhängt, künftig in die fähigen Hände der Machdebürgerinnen legen.

Da während der Corona-Pandemie viele Künstlerinnen das Handtuch geworfen haben, braucht es unbedingt ein Recruiting neuer Kräfte. Karaoke-Wettbewerbe in den Hinterhöfen oder MSDS (eine Adaption eines bekannten TV-Formats) können helfen, diese Talente zu finden.

Die Clubs und Kneipen, die die Einschränkungen durch die Pandemie überlebt haben, können eigentlich nur noch eines: Wachsen! Ich unterstütze dies, indem ich die Sitzungen des Stadtrats und der Ausschüsse in die Kneipen am Hassel verlegen werde.

Wir sollten unsere Erfahrungen im Tunnelbau nutzen und alle Neubauen grundsätzlich unter die Erde verlegen. So eine Hobbithöhle ist im Sommer kühl, im Winter warm und das oberirdische Grün bleibt erhalten.