Wir haben uns mit Christian Simon vom Bündnis Unheimlich Sicher für ein Interview getroffen. Er ist Pressesprecher des Bündnisses und berichtet über seine Gedanken und Ideen der Gruppen zur Innenministerkonferenz im November 2018 in Magdeburg.

Wer steht hinter dem Bündnis?

Hinter dem Bündnis stehen Akteur*innen aus verschiedenen Spektren aus dem gesamten Bundesgebiet. Ungefähr 60 Initiativen u.ä. haben bereits unseren Aufruf unterzeichnet und wir gehen davon aus, dass in den nächsten Wochen noch verschiedene andere Gruppen folgen werden. Viele Gruppen stammen aus der politischen Linken, dazu zählen Gruppen aus Antifaschistischen und Antirassistischen Spektren, (Queer-)Feministische Gruppen wie das Feministische Kollektiv Magdeburg, sowie Organisationen von Studierenden wie dem StuRa OvGU, der auch offiziell die Demo am 24.11. angemeldet hat, und der Offenen Linken Liste (OlLi). Es finden sich auch Gruppen aus gewerkschaftlichen Spektren auf unserer Unterstützer*innenliste, wie der DGB-Jugend aus Magdeburg und der FAU, sowie Gruppen aus dem aktiven Klimakampf, wie die bundesweit agierende Gruppe „Ende Gelände„, die einigen vielleicht aus den Widerständen in und um den Hambacher Forst bekannt sein könnte. Natürlich unterstützen uns auch Jugendorganisationen, sowohl auf lokaler als auch auf Bundesebene, wie die Linksjugend [’solid], die GRÜNE Jugend, der Jugendverband REBELL und die Jugendoffensive. Auf unserer Website unheimlichsicher.org findet ihr eine ausführliche Liste unserer Unterstützer*innen, sowie die Möglichkeit, selbst den Aufruf zu unterzeichnen. Einige der Unterstützer*innen haben auch eigene Aufrufe formuliert und rufen teilweise zu eigenen Blöcken auf der Demonstration auf. So wird es einen Feministischen Block, einen Antirassistischen Block, einen Klassenkämpferischen Block, einen Klimakampf Block, einen gewerkschaftlichen Block sowie einen Jugend Block und einen Internationalistischen Block geben.
Ihr seht also, unseren Aufruf unterstützt ein breit aufgestelltes Bündnis, das sich schwer einer bestimmten ideologischen Ausrichtung zuordnen lässt. Das soll unser Bündniskonsens sein, da uns alle eint, dass wir den bisherigen restriktiven Maßnahmen und populistischen Forderungen im Bereich der Innen- und Sicherheitspolitik äußerst kritisch gegenüberstehen.

Was ist die IMK und warum ist sie kritisch zu sehen?

Die Innenministerkonferenz (kurz IMK) ist eine ständige Konferenz sämtlicher Innenministerien der Länder und des Bundesinnenministeriums.
Zweimal im Jahr finden repräsentative Treffen statt, zuletzt in Quedlinburg im Juni diesen Jahres und demnächst dann in Magdeburg vom 28.11. bis zum 30.11. Die IMK an sich ist aber ständig in der Lage Beschlüsse zu fassen, zum Beispiel über Umlaufverfahren, also per Telefonkonferenz, Mail oder ganz oldschool per Fax und Brief. Das ist erst mal nichts besonderes und einfach dem föderalen System, das in Deutschland herrscht, geschuldet. Ähnliche Konferenzen gibt es beispielsweise auch von den Umweltministerien, das heißt dann UMK. Vielen Pädagog*innen wird sicher auch die KMK, die Kultusminister*innenkonferenz, bekannt sein. An der IMK gibt es aber einige Sachen, die wir kritisch sehen. Erst einmal wäre da die mangelnde Transparenz. Seit 2000 veröffentlicht die IMK zwar im Nachhinein die Tagesordnung, jedoch werden nur zu wenigen Punkten auch Beschlüsse veröffentlicht. Beim letzten Zusammentreffen wurden von 58 behandelten Punkten nur zu 7 Anlagen veröffentlicht. Das mag vielleicht begründet sein mit der Phrase von „sicherheitsrelevanten Themen“, aber doch verwundert uns das Ganze. So fallen zum Beispiel Punkte wie „Kirchenasyl“, „Antisemitischen Übergriffen konsequent entgegentreten“, „Sachstand sogenannte AnKER-Zentren“ oder auch „Herstellung von Rechts- und Handlungssicherheit für die Deradikalisierungsarbeit unter Beteiligung privater Träger“ unter die nicht veröffentlichten Themenkomplexe. Wir denken, dass bei all diesen Punkten nicht nur Berufspolitiker*innen angehört und informiert werden sollten, sondern im Sinne einer partizipativen Demokratie sollten unterschiedliche Akteur*innen mitendscheiden dürfen. Vielleicht möchten die Innenminister auch einfach die Bevölkerung nicht mit bestimmten Informationen verunsichern. Unserer Meinung nach wollen sie aber eher das Gegenteil, allen voran Horst Seehofer.
Außer mit dieser mangelnden Transparenz wollen wir uns aber auch kritisch mit der momentanen Innen- und Sicherheitspolitik auseinandersetzen. Die momentane und weitergehend geplante Aushebelung des vermeintlichen Grundrechts auf Asyl und die zunehmende Kriminalisierung von Geflüchteten, der Ausbau von optischen und akustischen Überwachungssystemen, sowie der Ausbau der digitalen Überwachung, die neuen Polizeigesetze in vielen Bundesländern, die Orientierung politischer Entscheidungen an den Interessen der Wirtschaft und vorbei an den Bürger*innen und die Marginalisierung bestimmter Gruppen in unserer Gesellschaft sind für uns Punkte, die wir ablehnen. Wir stehen für eine Welt, die auf Solidarität und Gemeinsamkeit aufbaut und Menschen als Individuen mit unterschiedlichen Stärken und Schwächen sieht. Wir fordern eine Gesellschaft ohne Krieg und Repression, in der politische Debatten nicht von Populismus und dumpfer Ideologie geprägt sind, sondern von einem kritisch-konstruktiven Austausch aller Akteur*innen. Die IMK bietet diese Plattform sicherlich nicht. Die Innenminister hören nur diejenigen, die sie hören wollen.
Ach, und wer sich wundert, dass wir das Wort Innenminister nicht gendern, das liegt daran, dass das Ganze eine reine Bockwurstparty ist. Alle Innenministerien werden von cis-Männern geführt und auch unter den Staatssekretär*innen finden sich nur wenige Frauen*. Außerdem sind natürlich alle Innenminister weiß und stammen, soweit bekannt, aus bürgerlichen Elternhäusern. Auch das ist für uns nicht gerade ein Zeichen dafür, dass die Innenminister in der Lage sind, die Interessen aller Bürger*innen zu reflektieren und zu beachten.

Warum findet die Konferenz in Magdeburg statt?

Die IMK findet im November in Magdeburg statt, da Sachsen-Anhalt in diesem Jahr die Schirmherrschaft über die IMK hat.
Diese rotiert jährlich zwischen den einzelnen Bundesländern. Die Treffen finden dann oft zweimal im Jahr statt, deshalb wählen die zuständigen Innenministerien oft einen „kleineren Ort“, dieses Jahr handelte es sich um Quedlinburg im Juni und jetzt die Landeshauptstadt. Hauptsächlich werden sich die Innenminister im Herrenkrug Hotel aufhalten, das dann wahrscheinlich schwer bewacht ist und sich für solche Treffen allein schon wegen der exponierten Lage eignet. Es wird aber auch ein Pressehappening in und um den Dom geben, sowie einen Empfang in der Festung Mark. Schon in Quedlinburg wurden über 1000 Polizist*innen eingesetzt, also können wir uns auch hier in Magdeburg auf ein Großaufgebot mit dazugehörigem Verkehrschaos in der Innenstadt vorbereiten. Natürlich soll es für die Minister auch die Möglichkeit zum Sightseeing geben, was sicherlich sämtliche andere Bürger*innen der Stadt und Besucher*innen auch maßgeblich einschränken wird.

Was für Veranstaltungen sind in Magdeburg geplant?

Vom 12. bis 16. November haben wir eine Aktionswoche geplant. Während dieser gibt es dann eine Menge Veranstaltungen in Magdeburg, aber auch in anderen Städten, wie beispielsweise Berlin. Ziel ist es, sich kritisch mit den Inhalten der bundesdeutschen Innen- und Sicherheitspolitik zu beschäftigen. Hier eine kleine Übersicht aller Termine der Aktionswoche:

  • Workshop zu Presse- und Öffentlichkeitsarbeit – Eine Einführung
    12. November, 18:00 Uhr, Offener Kanal Magdeburg, Olvenstedter Straße 10, 39108 Magdeburg
  • Informationsstand der MLPD
    13. November, 16:00 Uhr, Thiemplatz, Magdeburg
  • Vortrag zum §129a-Verfahren der „Sportgruppe“ von der Roten Hilfe Leipzig
    13. November, 18:00 Uhr, Libertäres Zentrum, Alt Salbke 144, 391122 Magdeburg
  • Infos zum Gesetz über öffentliche Sicherheit und Ordnung (SOG) des Landes Sachsen-Anhalt von der Roten Hilfe
    14. November, 18:00 Uhr, BUND Sachsen-Anhalt, Olvenstedter Straße 10, 39108 Magdeburg
  • Vortrag „Nix sehen, nix hören, nix machen?“ Über Arbeitsunrecht und Gewerkschaftsbekämpfung von der DGB-Jugend Magdeburg
    15. November, 19:00 Uhr, Thiembuktu, Thiemstraße 13, 39104 Magdeburg
  • Diskussionsrunde zu „Fußballfans als Versuchsobjekt“ von der Fanhilfe Magdeburg
    15. November, 19:00 Uhr, Vereinsgaststätte Post SV, Spielhagenstraße 31, 39108 Magdeburg
  • Hambi bleibt! Erfahrungsberichte zu Umweltaktivismus und polizeilichen Repressionen von Ende Gelände Magdeburg
    15. November, 19:00 Uhr, BUND Sachsen-Anhalt, Olvenstedter Straße 10, 39108 Magdeburg
  • Filmabend „Nothing to Hide“ und Konzert „Fisko“ vom Infoladen [Salbke]
    16. November, 16:00 Uhr, Libertäres Zentrum, Alt Salbke 144, 391122 Magdeburg
  • Diskussion zum neuen Polizeiaufgabengesetz von North East Antifa und
    Rote Hilfe Berlin
    16. November, 19:30 Uhr, KuBiZ, Bernkasteler Str. 78, Berlin-Weißensee

Am 24.11. findet dann ab 13 Uhr / 14 Uhr unsere bundesweite Großdemo statt. Diese wird vom Hauptbahnhof/Damaschkeplatz durch Stadtfeld und Sudenburg über den Hasselbachplatz bis zum Domplatz laufen. An bestimmten Stellen auf der Route wird die Demo stoppen und von Redebeiträgen unterstützt werden.

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Wie kann man die Veranstaltungsreihe unterstützen?

Erst mal ganz einfach indem ihr vorbei schaut und euch gerne an den Diskussionen beteiligt. Anders als die Innenminister wollen wir eure Meinung hören und damit arbeiten. Natürlich solltet ihr auch eure Freund*innen, Kolleg*innen, Genoss*innen usw. einladen und mitbringen. Teilt unsere Veranstaltungen gerne bei Facebook und Twitter, genauso wie unseren Aufruf oder Aufrufe einzelner Initiativen. Außerdem könnt ihr Flyer und Plakate verteilen, schreibt uns dafür einfach eine Mail an kontakt@unheimlichsicher.org . Natürlich könnt ihr auch auf unserer Website unseren Aufruf unterzeichnen und euch bei unserer Schlafplatzbörse registrieren, wenn ihr für Leute am Tag der Demo ein paar Schlafplätze zur Verfügung stellen könnt. Beides geht super simpel per Online-Formular.
Und natürlich mobilisiert, wenn ihr könnt, auch Leute aus anderen Städten. In vielen Städten gibt es bereits Zugtreffpunkte und organisierte Busse. Und am allerwichtigsten, kommt mit uns zahlreich am 24.11. auf die Straßen Magdeboogies.

Was möchtest du noch loswerden?

Eigentlich nichts mehr, außer nochmal die Aufforderung, zu den Veranstaltungen im Rahmen der Aktionswoche und zur Demo am 24.11. zu kommen.

 

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