Interview: Lydia Flössel und Christina Ludwig
Mediale Dokumentation: Christina Ludwig

Interviewvorbereitung: Anne Brünen

Wir haben uns am 30. August 2019 vor dem Konzert im Alten Theater im Schatten des Tourbusses ein wenig mit Niko Maurer (Bass) und Martin „Mücke“ Krüssel (Gitarre) unterhalten. Niko gehört gemeinsam mit den Madsen-Brüdern zu den aktiven Gründungsmitgliedern der Band und Mücke ist auch schon seit beachtlichen 9 Jahren mit an Bord, wenn Madsen auf Tour gehen. Da gibt es einiges an Geschichte, auf die wir zusammen ein wenig zurückblicken. Viel Spaß beim Interview!

Was verbindet ihr mit Magdeburg?

Niko: Ich hab in Magdeburg gewohnt. Fast zwei Jahre. Ich hab hier Computervisualistik studiert. Ich hab in Braunschweig mit Informatik angefangen und nach einem Jahr war mir das da zu blöd, dann bin ich hierher gekommen und fand den Studiengang total gut, hat Spaß gemacht. Dann kam die Musik dazu und ich musste mich entscheiden zwischen der Musik und Magdeburg. Das war 2002 bis 2004.

Mücke: Als ich nach Berlin gefahren bin ist mir der Auspuff hier auf der Brücke der A2, wo es über die Elbe geht, abgefallen. Da war ich so laut, dass ich rechts ran bin und hab dann von nem Zaun ein Stück Draht rausgeschnitten, hab das untendrunter festgezwirbelt und bin dann irgendwie bis nach Potsdam gekommen.

Unser Fotograf Marco Sensche, der kommt aus Magdeburg. Christian Mustermann kommt von hier und Stefan Kretzschmar. Ein Handballvorbild auf jeden Fall.

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Aber der hat viel besser Handball gespielt.

Lieber Festivals oder Konzerte?

Beides. Es gehört zusammen. Im Winter spielen wir drin und im Sommer draußen.
Du kannst ein Festival haben, was voll verregnet ist, keiner kommt, Essen und Bühne sind scheiße. Das kann dir aber auch alles im Klub passieren.

Gab es denn mal ein schlechtes Festival?

Ich weiß noch 2004, wo du noch bei El*ke gespielt hast, da gab es so Arenen von Radiosendern, das war schon sehr eigenartig.

Seinerzeit auch Silbermond und Revolverheld dabei. Dazu Madsen und wir mit El*ke. Und das MDR Tanzorchester.

Bei den Zwischenmoderationen ging mehr ab als bei den Bandauftritten, weil die Konfetti und Pyro aufgetischt haben.

Wahnsinn, das ist jetzt auch 15 Jahre her.

Aber sonst, wir machen immer das beste draus. Vor drei Wochen haben wir beim Open Flair gespielt und 20 Minuten bevor wir auf die Bühne gegangen sind, hat es tierisch angefangen zu regnen. Wir hatten kurz Angst wegen Gewitter und Wind … Da hätte man sich die Laune von vermiesen lassen können, aber die Leute sind dageblieben und da standen dann 20 oder 30 tausend Leute vor der Bühne und das hat geschifft aus Eimern. Alle waren pitschnass und das hat trotzdem der Stimmung keinen Abbruch getan. Im Gegenteil, es hat die Leute scheinbar noch angeheizt.

In Potsdam haben wir das Konzert nach hinten verschoben, wegen Platzregen kurz vor 9 und nach ner halben Stunde waren alle klitschnass, da haben wir auch erst gedacht, dass wir es absagen müssen. Schlussendlich haben wir gespielt und es war eines der besten Konzerte. Meinten auch viele: Es war so geil.

Das ist für die Leute auch was ganz besonderes, das sind Konzerte, die sie nicht vergessen.

Habt ihr Rituale, bevor ihr auf die Bühne geht?

Wir haben eine zeitlang probiert, vor dem Konzert einen Schnaps zu trinken. Das war irgendwann zu eklig. Dieses brennende Getränk im Rachen. Dann sind wir auf Doppelherz umgestiegen und haben das ein paar mal vor Konzerten getrunken. Mittlerweile machen wir das nicht mehr. Sobald unser Intro läuft, nehmen wir uns einmal kurz in den Arm und drücken uns.

Seit 2011 gibt’s das nicht mehr mit dem Schnaps. Ich bin 2010 dazugekommen und da gabs diese Pinneken (Anm. der Red.: Kurze). Ich hab da schon immer ein Wasser drin gehabt, weil ich 20 Minuten brauchte, um diesen Schnaps zu verdauen.

Wir sind jetzt nicht so, dass wir uns alle im Kreis aufstellen und nen Spruch schreien.

Es wird nochmal mit allen abgeklatscht, auch mit den Backlinern und dann läuft alles. Dann spielt man ein halbes Lied und es geht wie Fahrradfahren. Stützräder brauchst du nicht.

Ich kann mir vorstellen, dass die Anspannung groß ist, wenn ein neues Album rauskommt und eine neue Tour beginnt. Wie lange dauert es, bis ihr so routiniert seid, dass ihr nicht mehr auf die Reaktionen schaut, sondern einfach Spaß habt?

Ein bisschen Aufregung ist immer da, egal wie lange und wie oft man schon gespielt hat. Aufregung gehört dazu. Wenn man mit nem neuen Album auf Tour geht und die neuen Lieder zum ersten mal live spielt, dann ist klar Aufregung vorhanden. Die meiste Aufregung ist immer, wenn es was Neues, was Ungewohntes ist, was man noch nicht so oft gemacht hat, das kann das Publikum sein oder ein neuer Song. Wenn man auf nem Festival spielt vor 50.000 Leuten und es ist alles in Ordnung und dann spielt man vor 200 Leuten in einem kleinen Klub und man ist tierisch aufgeregt, das kann genauso sein. Letzte Woche haben wir bei uns zu Hause in der Heimat im Freibad gespielt. Bei uns in der Heimat haben wir das letzte mal vor 6 bis 8 Jahren gespielt und ich war tierisch aufgeregt, weil ich jeden zweiten im Publikum kannte und das war ne ganz andere Nummer im Vergleich zum Touren oder Festivals spielen.

Wie schafft ihr es, euch zu motivieren, wenn ihr auf Tour seid und jeden Tag dasselbe Programm habt?

Richtig langweilig wird es nie, weil jeder Abend Spaß macht. Wir hatten jetzt auf der ganzen Tour keine beschissenen Konzerte dabei. Wir haben gute Konzerte gespielt, selber Spaß gehabt, das Publikum hatte Spaß und da kommt keine Langeweile auf. Was wir machen, um Abwechslung für uns selber reinzukriegen, ist covern. Meistens keine ganzen Songs, aber wir bauen mal einen Refrain von nem anderen Lied ein, sowas machen wir ganz gerne.

Am besten ist, wenn Sebastian irgendwas anfängt, irgendein Lied, was ihm gerade einfällt und du fängst an zu überlegen, wie das geht.

Ne zeitlang haben wir „Smells like teen spirit“ gespielt. Im Proberaum haben wir das nicht gespielt, extra nicht und dann auf dem Konzert haben wir angefangen, das zu spielen. Irgendwann wusste keiner weiter, da haben wir aufgehört und von Konzert zu Konzert, sind wir weiter gekommen. Wir haben das Lied auf Tour, auf den Konzerten geübt.

Heute ist Ferris Mc als Gast angekündigt. Was verbindet euch mit ihm?

Ferris kennen wir musikalisch schon sehr lange, aus unserer Jugend schon. Die Madsen-Jungs haben mit ihm jetzt ein Album produziert und aufgenommen bei uns zu Hause im Proberaum/Studio. Der hatte da Bock drauf und wollte mal ein richtiges Rockalbum machen und hat dann nachgefragt, ob die Jungs da Bock drauf haben. Dann hing er wochenlang bei uns rum. Am Ende ist ein Album entstanden und wir sind mittlerweile echt gute Freunde geworden. Er ist ein wahnsinnig guter Typ, sehr umgänglich und da liegt nix näher, als ihn auch mit auf Tour zu nehmen. Es passt musikalisch total gut. Er heizt die Leute voll an vor unserm Konzert.

Habt ihr ein Lieblingslied vom aktuellen Album „Lichtjahre“?

Das ändert sich öfter. Das ist tagesformabhängig. Wir hören die Lieder sehr oft, egal ob live oder beim Aufnehmen im Studio. Das ist mal so, mal so. Ich bin ja großer Fan von „Wenn es einfach passiert“, weil der ne gute Aussage hat und sehr eindeutig ist. Das ist schon seitdem wir das aufgenommen haben, eines meiner Lieblingslieder. Wenn man jetzt auf Tour die unterschiedlichen Lieder vom neuen Album spielt, da macht der mal richtig Spaß zu spielen und der. Das variiert. „Ich tanze mit mir allein“ mag ich auch sehr.Ich kann es dann eher aus der Sicht sagen, wie es Spaß macht, die live zu spielen.

Mücke, welches ist denn deiner?

Kompass“ ist auch schön, da hab ich einen Solopart drin. Die neue Platte ist sehr schön geworden, da sind viele gute dabei.

Neben den Alben habt ihr zwei Kochbücher in eurem Shop im Angebot. Wie kam es dazu?

Letztendlich kochen wir alle sehr gern, wir bekochen uns gegenseitig. Wenn wir ím Studio sind, kocht immer einer. Das machen wir seit vielen Jahren und haben Spaß dran, auch aufwendiger zu kochen. Nicht nur Fertiggerichte. Dann war es zum vorletzten Album so, dass wir noch etwas für unsere Box, die Special Edition, brauchten. Da war die Überlegung, ob wir ein T-Shirt reinmachen, ein Poster, einen Aufkleber oder Aufnäher, das sind ja die Klassiker. Wir haben überlegt und wollten mal was Besonderes dazutun und dann ist unser Manager auf die Idee gekommen: Warum macht ihr nicht ein Kochbuch, ihr kocht doch so gerne. Dann haben wir das gemacht. Jeder hat ja seine Rezepte. Ich hab vorher noch nie ein Rezept aufgeschrieben, aber ich hab meine Sachen, die ich gerne zu Hause oder für andere koche. Dann hat sich jeder hingesetzt und die Sachen gekocht und aufgeschrieben, was da so reinkommt, das fotografiert und so ist dieses Kochbuch entstanden. Das hat uns total Spaß gemacht, deswegen haben wir zum letzten Album noch ne zweite Ausgabe gemacht. Mal gucken, ob es noch eine dritte oder vierte gibt. Bock haben wir alle drauf.

Gibt es auf Tour ein Lieblingsgericht, was ihr euch gönnt nach harten Zeiten?

Auf Tour ist es so, wir kommen hier an und kriegen was zu essen. Wir entscheiden nicht selber, was wir essen. Was immer mal ganz toll ist: nach dem Konzert haben wir meistens noch Hunger und dann gibt es entweder ne Pizza oder Schnitzelbrötchen. Das ist dann immer ein Highlight.

Wieviele Leute seid ihr im Bus?

14 oder 15 aktuell.

Könnt ihr da drin auch schlafen?

Oben.

Wie in einem U-Boot. Mit Gardinen dahinter. Wird aber überbewertet. Ich kann meistens erst pennen, wenn das Ding steht. Bei jeder Bodenwelle wirst du durchgeschüttelt. Dann ist das Ding, dass viele nach dem Konzert saufen und dann hast du ein paar Strategen, die schnarchen wie die Sägewerke und dann kannst du selber schlecht schlafen.

Musste selber saufen, dass du auch pennen kannst.

Im Prinzip ist es wie eine Klassenfahrt. Man fährt Donnerstag los und kommt Sonntag wieder. Wanderzirkus, los ist ja immer was, irgendein Quatsch passiert immer. Deswegen ist es auch so aufregend und man fährt immer wieder los.

Man muss ja auch irgendwie …

Also seid ihr immer Donnerstag bis Sonntag unterwegs?

Die Wochenendfestivals. Bei der Tour haben wir zwei bis drei Auftritte, dann ein bis zwei Tage frei und dann geht es weiter.

Gibt es keine Montagskonzerte?

Zur Zeit ist das out. Montag oder Dienstag spielen ist verpönt. Deutsche Bands auf dem Nightliner wüsste ich nicht, dass die Montag oder Dienstag zum Klub fahren und spielen.

Das haben wir auch eine zeitlang gemacht.

Die Zeiten ändern sich. Kneipenleben abends, das passiert ja mehr zu Hause jetzt. Kneipensterben und so. Früher haben alle Studenten montags angefangen zu saufen, jetzt machen die das erst ab Mittwoch oder Donnerstag und fahren Freitag zurück in die Heimat.

Was sind eure Pläne für die Zukunft?

Was die nahe Zukunft betrifft: Wir spielen dieses Wochenende und nächstes Wochenende. Dann haben wir erstmal ein bisschen Pause, dann wird ein bisschen Urlaub gemacht. Dann spielen wir im November unsere 15-jährige Jubiläumsshow in Hamburg. Das wird auch ein ziemlich großes Ding irgendwie. Da sind wir schon fleißig am Überlegen und Sachen ausdenken, weil das ja ein bisschen was besonderes werden soll. Mit paar Gästen und so, aber viel kann ich da noch nicht verraten.

Ein Potpourri der Gefühle.

Es war ja zum 10-Jährigen schon sehr besonders. 5 Konzerte in 5 Klubs in Hamburg. Jeder Abend war einem Album gewidmet.

Ein Höllentrip. Jeden Tag ein neues Album. Jeden Tag 14 oder 15 neue Songs und ich bin erst 2010 dazugekommen und ich kannte nicht alle Lieder. Da saß ich immer bis 3 Minuten vor der Show mit den Zetteln „c f a“ scheiß egal. Hat aber funktioniert. Da haben wir das Molotow ja abgerissen. Diese ganze Hamburger Meile ist ja weggerissen. Das war aber geil eigentlich. Stimmt, das war zum zehnjährigen.

Diesmal wird es anders. Es ist ja nur eine Show, aber es wird auf jeden Fall die größte Madsen-Show bis jetzt. In der Hamburger Sporthalle. Und nächstes Jahr wird’s noch ne kleine Tour geben und dann kann man sich evtl. langsam wieder ins Studio begeben.

Schreibt ihr während der Tour dann immer schon Sachen?

Es gibt auf jeden Fall schon paar neue Songs, aber noch nicht genug, da kommt auf jeden Fall noch was. Wir haben ja jetzt keinen Zeitdruck. Da lassen wir uns auf jeden Fall ein bisschen Zeit und wenn genügend da sind, gehen wir ins Studio und nehmen die auf.

Wie kommt es, dass ihr die Jubiläumssachen in Hamburg macht?

Wir kommen ja nicht weit weg von Hamburg (und von hier auch nicht). Mit Hamburg haben wir uns eingespielt. Wir haben da Freunde und nen engen Bezug zu, deswegen ist es für uns am schönsten in Hamburg.

In Magdeburg seid ihr auch immer herzlich willkommen. Danke für das Interview und ein grandioses Konzert!