»Hier gibt’s ja wirklich alles! Ratten! Kakerlaken! Rohrleitungen, aus denen überall Schleim tropft! Und
es stinkt! Es ist genauso, wie ich mir immer den Himmel vorgestellt habe! Und das Beste ist, dass uns
hier nie jemand finden wird!«
(Mr Gum)

Wenn der süßliche Duft nach Sherry verfliegt und Wolken beginnen, vom Himmel zu fallen,
dann bedeutet das nichts Gutes für das beschauliche Bad Lamonisch an der Bibber und seine Bewohner:innen.
Regisseur Markus Heinzelmann und sein Team lassen unsere Held:innen Polly
(eigentlich: Jammy Grammy Lammy F’Huppa F’Huppa Berlin Stereo Eo Eo Lebb C’Yepp Nermonica le
Straypek de Grespin de Crespin des Spespin de Vespin di Schwupp di Wupp de Brönckel Frohe Weihnachten Lenoir –
im Folgenden einfach Polly genannt), Freitag O’Leary und den schmackhaften Lebkuchenmann Björn Schneyder
wieder zum Leben erwachen.

Michael Ruchter, Luise Hart © Kerstin Schomburg

Nachdem sie in Mr Gum und der sprechende Kirschbaum schon einmal die Stadt
vor dem grummeligen Mr Gum gerettet haben, hebt sich am 25. November 2023 erstmals der Vorhang
für das neue Abenteuer aus Andy Stantons Kinderbuchreihe. In Mr Gum und das geheime Geheimversteck
wurde sich am Wetter vergriffen. Doch damit nicht genug, tauchen auch noch andere Bösewichte am Horizont auf.
Können unsere drei Held:innen den Fall lösen und die Stadt vor dem sicheren Untergang bewahren???

Wir haben uns ebenfalls auf ein Abenteuer eingelassen und uns mit Regisseur Markus Heinzelmann,
Bühnenbildner Stephan Weber und Schauspieler Oktay Önder aka Björn Schneyder getroffen,
um ein paar geheime Geheiminformationen über die neue Produktion des Schauspielhauses erbeuten zu können.

 

Die Theater Magdeburg Airline nimmt wieder Kurs auf Bad Lamonisch an der Bibber. Aber wie
können Menschen, die zuvor noch nicht das Vergnügen hatten, sich den Ort und seine
Einwohner:innen vorstellen?

     Markus Heinzelmann © Privat

Markus Heinzelmann (MH): Bad Lamonisch an der Bibber ist ein kleines Städtchen mit einer
verrückten und liebenswerten Ansammlung verschiedener Menschen und Nicht-Menschen. Es sind
sehr skurrile Figuren und es gibt Held:innen und Antiheld:innen. Mr Gum und sein Kumpane Willi
führen immer etwas im Schilde, um der Stadtbevölkerung einen bösen Streich zu spielen und sie zu
schädigen. Daraus entstehen irrwitzige Abenteuer, die dann von der Clique um Polly, Freitag O’Leary und Björn Schneyder gelöst werden.
Eine bunte und diverse Gemeinschaft, die trotz aller Abenteuer und heftigen Kämpfe am Ende eine
harmonische Einheit bildet.

 

Was findet ihr an dieser Fantasiewelt so spannend?

MH: Die Buchreihe um Mr Gum stammt vom britischen Autor Andy Stanton. Übersetzt wurde sie von
Harry Rowohlt. Ich liebe zum einen den englischen Humor und zum anderen die Fantasie Stantons,
die so ausufernd, überraschend und anarchisch daherkommt. Da kommen Sachen zusammen,
von denen ich gar nicht wüsste, wo ich sie schon einmal gesehen haben könnte. Und dank dieser
großartigen Übersetzung ist ein Stoff entstanden, der nicht nur Kindern, sondern auch Erwachsenen
viel Freude entlocken kann.

        Oktay Önder © Jan Reiser

Oktay Önder (OÖ): Wir haben schon bei Mr Gum und der sprechende Kirschbaum gemerkt, wie die
vielen Wortwitze und die ganze Situationskomik nicht nur die Kinder ansprechen, sondern auch bei
den Erwachsenen funktionieren. Ich finde es total super, dass wir diese fiesen Figuren haben,
sie aber auch so liebenswert sind. Sie haben Eigenheiten, die man in sein Herz schließt und nicht so
schnell vergisst.

MH: Man merkt, dass der Autor all seine Figuren mag und hinter ihnen steht. Auch nach
mehrmaligem Lesen oder Ansehen überraschen sie einen noch immer. Die Geschichten sind gespickt
mit Sprüngen und Überraschungen, die dann meistens eine total einfache Erklärung haben –
im Idealfall, weil das in Bad Lamonisch an der Bibber eben so ist. Stanton entwirft eine breite Welt,
die dann erstmal eine Herausforderung für die Bühne darstellt. Es werden unzählig viele Dinge
beschrieben, von denen man auf den ersten Blick nicht weiß, wie man sie auf der Bühne umsetzen
kann. Aber sich dafür Lösungen zu überlegen, macht gerade den Spaß aus.

Mr Gum und der sprechende Kirschbaum: Isabell Will, Oktay Önder, Bettina Schneider, Luise Hart, Niko Link, Sophia Vogel © Nilz Böhme

 

Mr Gum und der sprechende Kirschbaum entspricht Band 7 und Mr Gum das geheime Geheimversteck
Band 8 der Buchreihe. Warum habt ihr euch dafür entschieden, gerade diese
beiden Bände auf die Bühne zu bringen?

MH: Für fünf der neun Bände liegen die weltweiten Rechte bei Nickelodeon und an die kommt man
gar nicht heran, weshalb nur vier Bände übrig bleiben, für die man die Rechte erfragen kann.
Mr Gum und der sprechende Kirschbaum passt für mich als Einstieg, gerade im Gegensatz zum Folgestück,
weil über eine große Strecke sehr viele Figuren vorkommen. Ein Großteil der Stadtbevölkerung reist in
diesem Teil aus Bad Lamonisch an der Bibber zu dem titelgebenden Kirschbaum. Da kann man viele
dieser liebenswerten Figuren vorstellen.
Jetzt bei Mr Gum und das geheime Geheimversteck haben die Mitwirkenden zwar auch ungefähr
gleich große Rollen und sind permanent am Spielen, aber der Fokus liegt nicht so sehr auf der Stadtbevölkerung.

 

In der vergangenen Spielzeit 2022/23 gingen 23 Vorstellungen von
Mr Gum und der sprechende Kirschbaum über die Bühne. Fast alle waren ausverkauft.
Am 29. Oktober 2023 fand die Wiederaufnahme statt. Wofür seid ihr dankbar?

: Ich bin für das gemeinsame Erzählen auf der Bühne sehr dankbar. Wie wir als Spielende
miteinander und gemeinsam für das Publikum agieren und in eine Welt eintauchen. Eine Welt,
deren Sehgewohnheiten die die unseren auf den Kopf stellen. Ich freue mich immer, wenn sowohl die Kinder als
auch die Erwachsenen voll dabei sind. Dann geht für mich vieles auf.
Außerdem bin ich sehr dankbar dafür, mich auf der Bühne so ausprobieren zu dürfen und die Figuren
dennoch ernst zu nehmen, ihnen ein Anliegen zuzusprechen.

MH: Ich bin sehr froh, dass unsere Visionen und unsere Arbeit vom Publikum so gut angenommen
werden. Es war unser Anliegen und zugleich die Herausforderung, eine Erzählweise zu finden,
die weniger darauf abzielt, zu fragen, wie Kinder die Figuren sehen würden als vielmehr, wer die Figuren
für uns sind. Die Figuren sollten schon charmant sein, aber nicht überzogen niedlich, sodass man sie
auch ernst nehmen kann.

 Stephan Weber © Matthias Heschl

Stephan Weber (SW): Ich empfinde es als etwas Großartiges, wenn man spürt, wie sehr das Ensemble
als Gruppe funktioniert und Freude daran hat, uns eine Geschichte zu erzählen. Allgemein bin ich
immer dankbar, Theater für Familien erschaffen zu können, bei dem man sich so richtig austoben
kann.

 

Empfiehlt es sich vor dem neuen Teil, Mr Gum und der sprechende Kirschbaum gesehen zu haben?

MH: Die Figuren werden auch im neuen Teil mit einem Vorspann eingeführt. Die beiden Stücke sind
also vollkommen unabhängig voneinander zu betrachten. Aber sicher bereitet es mehr Freude,
wenn ich bereits einen Teil gesehen habe und bestimmte Charaktere wieder erkenne.

: Das erinnert mich an Comics, bei denen man episodenhaft dazuschalten kann. Man braucht nicht
unbedingt die Folge davor geguckt zu haben, um diese Episode verstehen zu können.

 

Luise Hart und du, Oktay, seid die beiden einzigen Spielenden, die ihre Rollen auch im neuen Teil
weiterspielen dürfen. Der restliche Cast wurde neu besetzt. Mit euch werden Iris Albrecht,
Marie-Joelle Blazejewski, Lorenz Krieger und Michael Ruchter die verschiedensten Figuren bekleiden.

MH: Der Castwechsel hatte vor allem dispositionelle Hintergründe.

: Der Charakter einer Figur und die Rolle, die sie in dem Stück einnimmt, bleibt dennoch gleich.
Natürlich bringt jede:r Schauspieler:in spezielle Eigenheiten mit sich, aber bei mir überwiegt einfach
die Neugier, als dass ich mich davon irritiert fühlen würde.

SW: Es wird generell einen größeren Wechsel geben. Die Musik und der Raum werden zum Beispiel
ganz anders sein und damit entsteht auch eine andere Stimmung.

: Aber ich freu mich natürlich sehr, wieder Björn Schneyder spielen zu dürfen …

MH: Sonst wäre es natürlich gar nicht gegangen! (lacht)

Mr Gum und der sprechende Kirschbaum: Luise Hart, Oktay Önder © Nilz Böhme

 

Stichwort: Neue Ästhetik. Wie seid ihr vorgegangen?

SW: Ich finde es immer spannend, ein passendes Raumkonzept zu finden und dafür in verschiedene
Richtungen zu denken, damit wir nicht nur das kopieren, was es schon gibt.
Bei Mr Gum und der sprechende Kirschbaum gab es den Kirschbaum, in dem das Böse verortet war und zu dem
die Stadtbevölkerung pilgerte. Bei Mr Gum und das geheime Geheimversteck finde ich es wiederum
spannend, verschiedene Zustände einer Welt zu zeigen, die sich komplett verändert hat.
Der Bühnenraum stellt keinen konkreten Ort dar, sondern verschiedene Stadien. Es wird sehr
atmosphärisch und geheimnisvoll. So viel sei schonmal verraten.

 

Auf welche Abenteuer können sich die Zuschauer:innen in Mr Gum und das geheime
Geheimversteck freuen?

MH: Seltsame Wettererscheinungen sind über Bad Lamonisch an der Bibber zu beobachten.
Der Gestank von verdorbenem Fleisch breitet sich aus. Und von unseren Fieslingen Mr Gum und Willi
fehlt jede Spur. Aus diesem Grund gründen Polly und Freitag O’Leary ein Ermittlungsbüro und gehen
jedem Hinweis nach. Dabei kommen allerhand Geheimnisse ans Licht und unsere Held:innen
begeben sich in verschiedene Gefahren, die sie aber dank eines gewitzten Lebkuchenmannes
unbeschadet überstehen. Am Ende taucht ganz unerwartet Uromimi auf und gibt den entscheidenden Hinweis,
wo sich das geheime Geheimversteck befinden könnte …

: Mir kommt das Stück weitaus actionreicher vor als Mr Gum und der sprechende Kirschbaum und ich liebe es,
dass man immer wieder auf eine neue Fährte gelockt und dann doch wieder überrascht wird.

SW: Und plötzlich läuft ein großes ***** (Wir wollen ja nicht alles verraten!) ein,
es wird gekämpft und man glaubt, man sei mitten in einer Episode der Drei Fragezeichen …

 

Letzte Frage: Bad Lamonisch an der Bibber oder Magdeburg – wo lebt es sich besser für euch?

MH: Ich lebe ja nicht dauerhaft in Magdeburg (lacht verschmitzt) … aber ich würde sehr gerne
in Bad Lamonisch an der Bibber leben. Ich habe das Gefühl, egal was da passiert, die Leute sind gut drauf.
Eine sehr charmante Umgebung, in der man viele Sachen machen könnte.

SW: Ich wäre auch gerne in Bad Lamonisch an der Bibber. Ich glaube, da wird einem nie langweilig.

MH: Ich habe auch das Gefühl, als wenn da keiner so wirklich arbeiten müsste …

: Die Schule …

MH: Na ja, wenn du [Björn Schneyder] ein paar Monate Winterschlaf hältst und dann noch ständig
auf Abenteuerreisen bist … (lacht)

: Schwierig. Ich glaube, das macht gar nicht den großen Unterschied, ob Bad Lamonisch an der
Bibber oder Magdeburg. Ich lebe auch gerne in der Realität und ich lebe ganz gerne in Magdeburg.
Momentan fühlt es sich richtig und sehr gut an, hier mit all diesen Menschen Theater zu machen.
Und Bad Lamonisch an der Bibber würde ich immer gerne besuchen fahren … Gerade bin ich da ja eh
öfter anzutreffen (lacht).

Mr Gum und der sprechende Kirschbaum: Carmen Steinert, Sophia Vogel, Bettina Schneider, Isabell Will © Nilz Böhme

Wir wünschen toi, toi, toi für die Premiere und danken Markus Heinzelmann, Stephan Weber und
Oktay Önder für das Gespräch.

 

Wen nun das Reisefieber gepackt hat und wer wissen möchte, wer wirklich hinter den
geheimnisvollen Geschehnissen steckt und warum Lebkuchen überhaupt einen Winterschlaf halten,
der:dem sei eine Auszeit in Bad Lamonisch an der Bibber wärmstens zu empfehlen.
Das Beste, ihr müsst dafür nicht einmal die Stadt verlassen.
Eingabe fürs Navi: Schauspielhaus, Otto-von-Guericke-Str. 64, 39104 Magdeburg.

Aber gebt acht, die Fahrkarten – ähm Vorstellungskarten natürlich, sind heiß begehrt.
Die Premiere am 25. November ist bereits ausverkauft. Weitere Vorstellungen im November und Dezember:

Mr Gum und der sprechende Kirschbaum: Sonntag, 19.11. um 17 Uhr / Sonntag, 10.12. um 18 Uhr /
Freitag, 22.12. um 18 Uhr

Mr Gum und das geheime Geheimversteck: Mittwoch, 29.11. um 18 Uhr / Freitag, 15.12. um 19.30 Uhr /
Samstag, 16.12. um 16.30 Uhr / Mittwoch, 20.12. um 19.30 Uhr

Alle Informationen zu den beiden Schauspielproduktionen, zu den Spielterminen und Tickets gibt es,
wie sollte es auch anders sein, auf der Website des Theater Magdeburg.

Text: Tobias Bachmann