Foto: Nilz Böhme

Lotte ist Werthers große Liebe, die ihm den Tag versüßt und die Welt in allen Sinnen genießen lässt. Leider muss er feststellen, dass sich die Liebe nicht nur als Quelle der Glückseligkeit offenbart, sondern auch des Leidens. Die Familie hat für die mittellose Lotte einen anständigen Mann mit geregeltem Einkommen auserkoren. Anders als Werther, soll dieser Albert ihr Sicherheit bieten. Doch wie steht es mit der Leidenschaft?

Werthers Geschichte wird unter der Regie von Maik Priebe den Bedürfnissen und Gegebenheiten einer digitalisierten Gesellschaft angepasst. Das Bühnenbild umfasst Bildschirm, Kamera, Mikrofon, Tontechnik sowie einen Schreibtisch mit Stuhl, an dem der Protagonist des Abends Platz genommen hat. Dank dieser Ausstattung, ergänzt durch Reis, eine Diskokugel, Weihnachtsdeko, ein Partyhütchen und weitere Kleinigkeiten, lernen wir einen Werther kennen, der zeitlos auch in der Gegenwart Relevanz aufzeigt. Er untermalt sein Handeln mit experimentellen Ton- und Bildkonstruktionen. Werther ist ein fescher Mann, der Sneaker, Jeans, Shirt und Jackett trägt (Bühne/Kostüme: Christiane Hercher). Der Staub der Jahre ist von ihm abgefallen und er ist zur melancholischen Rampensau erwachsen, die alle Höhen und Tiefen des Liebestaumels durchwandert und die Zuschauenden unaufhaltsam mitreißt. Raimund Widra beweist in diesem Ein-Personen-Stück seine Bühnenpräsenz und überzeugt das Publikum davon, dass Goethe Fragen und Befindlichkeiten verhandelt, die Teil eines jeden Lebens sind.

Wie sehr kann es das Alltagsgefüge erschüttern, zurückgewiesen zu werden, obwohl die Liebe, die der Mensch zu geben bereit ist, unendlich scheint?

Gibt es bedingungslose Liebe in dem Sinne, dass wir ohne Erwartungen bzw. eine Gegenleistung leben und lieben können?