Foto: Nilz Böhme

Die Cowboys von der Baustelle Schkona – ständig am Rauchen, Saufen, aber auch Malochen. Sie sind cool, lassen sich von niemandem was sagen, weder von der Partei noch vom Ministerium. Was sie tun, tun sie aus Überzeugung. Vor allem Balla (Oliver Chomik). Er ist der Anarchist unter den Zimmerleuten, bringt die Moral ins Wanken. Das ist ihm das Wichtigste – sein schlechter Ruf auf der Baustelle. Außerdem ist Loyalität ein Kernbegriff in seiner Truppe. Einer für alle, Alle für einen. Selten schert einer aus, meistens der Ex-Knacki Bolbig (Timo Hastenpflug). Doch rebelliert wird nicht untereinander, sondern gegen die Anderen. Die Ballas zerlegen dabei eine Kneipe, werfen den Dorfpolizisten in den Teich, klauen Ziemers sein Schalholz oder einem Dumperfahrer seinen Kies. Stets ist Alexander von Säbel der Geschädigte. Dennoch ist alles gut auf dem Bau, jeder drückt ein Auge zu, weil ohne die Ballas geht’s halt nicht voran. Doch der Plan, der heilige Plan funktioniert nicht mehr und mit dem neuen Parteisekretär Horrath (Raimund Widra) kommt einer auf den Bau, der nicht wegsehen will, sondern effizient arbeiten. Der gleiche Idealismus treibt Katja Klee (Sonka Vogt) in die Domäne der Männer. Sie will etwas schaffen, nicht als Papas Kleine auf einer hohen Position in der Partei versauern und zuschauen, wie die Welt sich fügt. So wie es Trutmann (Sebastian Reck) gern täte. Er liebt es, Probleme auf die Ingenieure abzuwälzen und erschleicht sich die Idee des Drei-Schicht-Systems von Hesselbarth (Konstantin Marsch), der zwar auch Visionär ist, sich aber damit zufriedengibt, wenn die Dinge umgesetzt werden. Es muss nicht auf seine Verantwortung hin geschehen.

Spur der Steine nach dem Roman von Erik Neutsch wurde im letzten Herbst zum ersten Mal am Theater aufgeführt und erlangte in der Inszenierung von Cornelia Crombholz deutschlandweites Ansehen. Es ist ein musikalisches Stück, bewegend aufgrund der Geschichte, aber auch der Melodien. Herausragend gestaltet sich das Bühnenbild, das durch den Einsatz der Schauspieler*innen stets ein neues Gesicht und abweichende Funktionen offenbart. So dient Horraths Wohnung in Rostock ebenso als Aufenthaltsraum der Ballas. Die Mitarbeiter*innen des Ministeriums erledigen ihre Arbeit in Spinden. Materialknappheit als zentrales Thema des Stücks. Die deutsche dramatische Replik bröckelt und Horrath wagt einen Tanz mit dem System in Gestalt des Hammers aus dem Staatsemblem.

Spur der Steine ist eine Lehrstunde zu DDR-Geschichte und bietet in drei Stunden verschiedene Facetten des damaligen Alltags. Schicksale, die zu Beginn fremd wirken, verwachsen während der Inszenierung zu einem engen Gewebe. Intime Momente werden öffentlich und die Zuschauenden zu Voyeur*innen. Persönliche Verhältnisse werden zum Politikum und damit Menschen nicht nach ihrem Können sondern nach ihrer Parteitreue bzw. der Hörigkeit gegenüber dem Ministerium beurteilt.

Am 25. Mai und 04. Juni 2016 wird jeweils 19.30 Uhr auf die Vorzeigebaustelle eingeladen mit anschließender Möglichkeit auf ein Gespräch mit den Protagonist*innen der Aufführung.