Sarah Poschag und Jan Briese haben keine Lust mehr auf Fast Fashion. Diese Industrie ist immer noch mit der größte Verursacher für Umweltprobleme. Also haben sie das Modelabel Slowli gegründet. Damit wollen sie ihren eigenen Beitrag zur Nachhaltigkeit der Modebranche beitragen. Sie verkaufen  faire, vegane und nachhaltige Kleidung – und das direkt in Magdeburg. Mit Magdeboogie haben sie über ihr Projekt Slowli gesprochen.

Hallo Sarah, Hallo Jan. Ihr beiden habt das Modelabel Slowli gegründet. Wann genau war das?

Sarah: Letztes Jahr im März. Da haben wir es gegründet und den Onlineshop im September live genommen. Davor war schon mal eine Idee da, aber im März haben wir dann aktiv die ersten Sachen bearbeitet.

Wie war es, unter den Pandemie-Bedingungen ein Modelabel zu gründen?

Sarah: Dadurch, dass ich im Homeoffice gearbeitet habe, hatte ich den Arbeitsweg nicht. Also hatte ich mehr Zeit, dann am Nachmittag direkt auf der Idee rum zudenken. So war es relativ entspannt.

Jan: Und auch dadurch, dass man rein theoretisch ja nicht viel unternommen hat, war man auch nicht so: Oh es ist schönes Wetter, ich will jetzt nicht daran arbeiten. Weil es ja doch ein Stück Arbeit ist. Wir konnten uns dann auf die Terrasse setzen und die Idee verfolgen, weil wir eh nicht viel machen konnten. Das hat uns dann ganz gut in die Karten gespielt.

Beschreibt eure Marke in zwei, drei Sätzen.

Sarah: Slowli steht für Slow Living. Wir wollen mit Slowli nachhaltige Mode anbieten, die auch leistbar ist, die für einen entspannten Lifestyle steht und zusätzlich dazu gedacht ist, mit jedem Kauf noch etwas Gutes zu tun und nicht einfach nur shoppst. Slowli ist so gedacht, dass du nicht ständig neue Teile entdeckst, sondern eher dann etwas kaufst, wenn du es brauchst. Und nicht einfach nur Trends hinterherläufst. Der sozial-ökologische Aspekt ist im Fokus.

Jan: Wir haben das mal mit einer Win-Win-Win Situation beschrieben. Zum einen: fair einkaufen. Das ist schon mal ein Win für die Umwelt. Dadurch, dass es umweltfreundlich hergestellt ist. Dann natürlich für dich, weil du etwas Gutes tust und ein neues, schönes Teil hast. Und dann auch für die Organisation, weil die dann Geld bekommen und es in ihre Projekte stecken können.

Ihr habt ja nebenbei noch Vollzeit-Jobs. Wie kamt ihr darauf, diese weitere Aufgabe aufzunehmen? Ist es anstrengend, Slowli nebenbei noch zu betreiben?

Sarah: Es war schon schwierig. Du hast immer im Kopf – ich möchte oder muss diese eine Aufgabe heute noch machen. Es ist schon teilweise ein Extra-Päckchen, aber eben ein cooles. Weil es gefühlt wie ein Hobby ist.

Was hat euch letztendlich zu der Nachhaltigkeit gebracht?

Sarah: Bei mir war es so: Ich habe vorher bei Kilenda gearbeitet. Das ist ein Start-up, was den nachhaltigen Ansatz verfolgt hat, in die Kreislaufwirtschaft reinzuarbeiten und Mode weiterzuvermieten. Dort hab ich Anfang letzten Jahres aufgehört und den Job gewechselt, das Thema hat mich aber nie losgelassen. Das war der Punkt – wir wollen etwas für eine grünere Welt beisteuern. Da haben wir gedacht, es wäre echt cool, etwas Eigenes zu machen. Und Magdeburg ist ein cooler Standort, wo man viel Formen kann, was noch nicht fertig ist. Da kann man gut mitwirken.

Wenn man bei euch kauft, kann man sich aussuchen, ob und an welche Organisation man eine Spende geben möchte. Wie kamt ihr auf die Idee?

Jan: Uns hat das Anbieten von fairer Mode nicht ausgereicht. Wir wollten noch einen Schritt weiter gehen und mehr dafür tun, dass die Welt ein bisschen grüner wird.

Wie sucht ihr die Unternehmen aus?

Jan: Wir hätten auch die standardmäßigen großen Unternehmen nehmen können, die jeder sofort im Kopf hat, wenn er an das Thema Umweltorganisation und Tierschutzorganisation denkt. Wir haben uns bewusst für etwas Kleinere entschieden, die eben nicht im Fokus stehen, wie zum Beispiel der WWF oder auch Greenpeace. Da haben wir dann recht viel Recherche-Arbeit betrieben und die gefunden, die wir jetzt anbieten. Und wenn unsere Mode einen bestimmten Grundpreis hat, haben die Kunden die Möglichkeit selber zu entscheiden: Ja, ich möchte aber noch ein paar Euro mehr zu bezahlen für den Pulli, weil ich ihn echt cool finde und die Organisationen unterstützen möchte.

Welche Organisationen das sind, könnt ihr auf der Website einsehen.

Wie viel Spenden habt ihr schon gesammelt?

Sarah: Das müssten zirka 300 Euro sein.

Geht das Geld direkt an die Organisationen oder sammelt ihr es zuerst?

Sarah: Wir sammeln erst und geben dann weiter. Wir wollten eigentlich damals gern eine Schnittstelle haben. Wo du dann direkt an die Organisationen das Geld spenden konntest, das war aber leider so nicht möglich.

Jan: Auch politisch. Das ist ein schwieriges Thema. Rein theoretisch ist es so: Wir müssen die letzte Macht haben. Deswegen steht auch überall, dass du eine Empfehlung abgeben kannst, an wen das Geld geht. Wir haben aber rechtlich gesehen die Auswahl, an wen das Geld dann letztendlich geht. Wir könnten auch, auch wenn wir es nicht machen und das auch nicht machen wollen, das Geld an jemanden anderes spenden. Sobald wir Geld für etwas sammeln, kann es sein, dass es uns ausgelegt wird, als wären wir eine Bank. Dafür bräuchten wir rein theoretisch eine Banklizenz. Da haben wir mit Akteuren von tip me gesprochen und Tipps bekommen: Wir müssen klar und deutlich machen, dass wir theoretisch entscheiden, wohin das Geld geht.

Zum Thema Nachhaltigkeit: die Modeindustrie ist einer der größten Verursacher, wenn es um Umweltprobleme geht. Wie tragt ihr aktiv zu Nachhaltigkeit der Modebranche bei?

Sarah: Das ist eine echt gute Frage, da könnte man auch zwei, drei Stunden drüber sprechen. Unsere Mode ist nachhaltig und fair produziert. Wir beziehen erstmal die Grundkleidungsstücke von einem Produzenten, die GOTS-zertifiziert, fairwear zertifiziert und PETA Approved Vegan sind. Wir haben eine transparente Aufstellung über ihre Liefer- und Produktionskette. Das dürfen wir so aber nicht über unseren Shop sagen, weil wir dann das GOT-Zertifikat bräuchten. Und das kostet unglaublich viel Geld, so ein Zertifikat zu erhalten. Wir veredeln die Sachen mit einem Siebdruck mit wasserbasierten Farben. Dazu wollen wir langfristig dahin, mehr in den Kreislaufgedanken zu gehen. Also gar nicht nur Neuware nutzen, sondern die Ressourcen, die schon da sind.

Jan: Das ist aber alles nicht so leicht, weil man sich Stück für Stück vorarbeiten muss. Auf jeden Fall sind alle unsere Kleidungsstücke fair, nachhaltig und vegan.

Wo werden die Kleidungsstücke produziert?

Sarah: Die werden in China und Bangladesch produziert. In zertifizierten Fabriken.

Wenn man euren Onlineshop durchstöbert, findet man auch Accessoires und nützliche Gegenstände wie Portemonnaies oder Rucksäcke. Diese sind von anderen Firmen produziert. Wie kamt ihr darauf, die in euren Shop mit einzubinden?

Sarah und Jan: Das ist bisher ein kleines Label, Wetheknot, das wir auf Reisen entdeckt haben. Das ist unsere nicht so nachhaltige Leidenschaft: wir reisen sehr gern. Wenn wir da mal coole Labels entdecken, was in den letzten Jahren jetzt der Fall war, ist das schon immer so eine Sache: Es wäre so cool, wenn man in Deutschland zeigen könnte, was wir auf Reisen entdeckt haben. Es ist so schade, dass manche Marken hier nicht bekannt sind, die man noch supporten könnte. Wetheknot sind zum Beispiel auch fair und nachhaltig produziert.

Wie schwierig ist es, Nachhaltigkeit umzusetzen?

Sarah: Wenn du einmal weißt, wie es läuft, ist der Anfang gefunden. Aber erstmal an diesen Punkt zu kommen ist nicht leicht. Da war es auch so für uns: in die Eigenproduktion gehen wir nicht von Anfang an. Da brauch man eine große Anzahl an Mindestabnahmen. Und das ist für uns keine Nachhaltigkeit, wenn wir eine große Nummer an Kleidungsstücken produzieren und wir nicht wissen, wie viele Kunden das abnehmen würden. Oder ist es vielleicht so, dass die Menschen schon gesättigt sind. Deswegen starten wir erstmal so und probieren und gucken, ob Bedarf da ist. Und wenn dieser Bedarf da ist, machen wir uns zum Ende des Jahres Gedanken darüber. Wenn ich eine Mindestabnahme von 500 Stück pro Farbe habe und die mir ins Lager lege, hat das für mich nichts mehr mit Nachhaltigkeit zu tun.

Jan: Es wäre nachhaltig, wenn man die Ware an die Kunden bringt. Aber dann noch 450 Stück zu liegen haben und nicht zu wissen, was man damit macht, das bringt nichts. Bei dem Nachhaltigkeitsaspekt muss man an wirklich Vieles denken. Du hast ja nicht nur die Kleidung. Dann kommt da noch der Versand dazu, wir verschicken Plastikfrei. Die Einnäh-Labels, die Webetiketten, das war auch ein großes Thema. Die sollen auch nachhaltig gefertigt sein. Man bekommt eigentlich an jeder Ecke solche Etiketten, aber da war es zum Beispiel sehr aufwendig, einen Produzenten zu finden, der uns in kleinen Mengen nachhaltige Webetiketten personalisiert herstellt. Solche Kleinigkeiten kommen dann da noch dazu.

Und woraus werden diese Etiketten gefertigt?

Jan: Aus Baumwolle. Das ist dieses kleine Etikett, was im Nacken des Shirts eingenäht ist. Wenn man jetzt ein nicht nachhaltig produziertes Etikett in den Pullover einnäht, wäre das Stück auch für mich nicht vollständig nachhaltig.

Welche Tipps gebt ihr Menschen, die sich bewusst umweltfreundlicher kleiden wollen?

Jan: Sich in die Thematik der Etiketten einlesen. Daran kann man schon gut erkennen, wie die Kleidung hergestellt wurde. Es gibt so viele verschiedene Siegel, die verschiedene Aspekte repräsentieren.

Sarah: Man kann auch einfach mal bei den Marken nachfragen, wo man sich nicht sicher ist, wie weit sie nachhaltig sind. Über Mail oder Instagram zum Beispiel. Und wenn diese keine klare Antwort geben können, fänd ich das schon komisch. Oder eben einfach Ressourcen nutzen, die schon da sind – Second Hand zum Beispiel. Dazu kann man sich einfach mal fragen, brauche ich dieses neue Kleidungsstück wirklich? Oder kann ich meine Kleidung, die ich habe, einfach mal anders kombinieren und einsetzen?

Jan: Wenn man es ganz einfach haben will, gibt es auch nachhaltige Marketplaces, wie den Avocado-Store zum Beispiel. Da kann man sich auch sicher sein, dass eben umweltfreundliche und faire Marken angeboten werden.

Sarah: Dazu kann man sich auch mal informieren, was Nachhaltigkeit und Fair überhaupt bedeuten. Mit diesen Begriffen wird immer um sich geworfen, aber eben nicht jeder weiß, was dahinter steckt. Das ist der erste Hebel, wenn man weiß: für den einen ist die faire Herstellung wichtiger als nachhaltige Rohstoffe. Und dann kann der Kunde oder Interessent gezielt danach fragen.

Was sind eure Pläne für die Zukunft?

Sarah: Wir wollen selber das Thema Kreislauf und Herstellung angehen und durchdenken. Vielleicht auch in Richtung Upcycling.

Jan: Weitere kleinere Labels mit in den Online-Shop aufnehmen. Und eigentlich haben wir kein richtiges Ziel, es soll auch jedem Beteiligten Spaß machen. Das ist mit das Wichtigste. Der Punkt ist, es ist immer noch ein Hobby für uns.

Disclaimer: Die Zitate wurden 1:1 aus dem Gesprochenen der Interviewten übernommen und enthalten eventuell deswegen keine gendergerechte Sprache.