Ein Gespräch zur Premiere des Balletts „Was ihr wollt“ am Theater Magdeburg

Wenn Shakespeares Komödien auf dem Spielplan stehen, können sich die Zuschauer:innen auf ein turbulentes Spiel der Identitäten, einem Verwirrspiel um Liebesgeständnisse und Intrigen freuen. So auch in seiner um 1601 verfassten Komödie „Was ihr wollt“, die nun in einer Überarbeitung für das Magdeburger Ballett ihrer Uraufführung am 21. April entgegenfieberte.
Nach der Premiere des Ballettabends „Verklärte Nacht/ Mahler 4“ im Oktober 2022 choreografiert Ballettdirektor Jörg Mannes sein erstes Handlungsballett in Magdeburg. Wir haben uns im Vorfeld mit ihm und der Tänzerin Louise Curien getroffen, um mehr über die neuste Ballettpremiere in Erfahrung zu bringen.

Chiara Amato, Gennaro Chianese © Ida Zenna

Vorhang auf im Magdeburger Schauspielhaus

Anders als die beiden vorigen Ballett-Premieren der Spielzeit finden die Aufführungen von „Was ihr wollt“ auf der Bühne der Kammer 1 im Schauspielhaus statt. Die Schauspielbühne ist im Vergleich zur Bühne im Opernhaus deutlich kleiner. Es gibt keinen Orchestergraben, der die Bühne von den Zuschauer:innen trennt. Die Tänzer:innen sind viel näher am Publikum dran, was Mannes und seiner Compagnie neue Möglichkeiten bei der Erarbeitung und Aufführung der Choreografie eröffnete.
Bühnenbildner Thomas Rupert erweitert die Bühne sogar in den Zuschauer:innenraum hinein und entwirft einen intimen Raum, in dem die subtilen Stimmungs- und Gefühlsschwankungen, die die Geschichte auszeichnen, intensiver zu den Zuschauer:innen durchdringen können. Zumal es den Tänzer:innen den Raum öffnet, mit den Zuschauer:innen in eine Interaktion zu treten.
Die Modedesignerin und Kostümbildnerin Alexandra Schiess, mit der Mannes bereits 2010 für eine Ballettproduktion in Hannover zusammenarbeitete, ergänzt das Bild durch elegante und mondäne Kostüme.

Joshua Hunt, Chloe Jones, Stefano Sacco © Ida Zenna

Worum es geht

Inhaltlich zieht das Stück die Zuschauer:innen in einen turbulenten und zugleich tückischen Sog aus Liebesversprechungen und Enttäuschungen. Der Herzog Orsino liebt die Gräfin Olivia. Diese verliebt sich aber in Cesario, der eigentlich die Schiffbrüchige Viola ist und wiederum den Herzog liebt. Als dann Violas totgeglaubter Zwillingsbruder Sebastian auftaucht, droht die Eifersucht alles zu zerstören. Im Stück begegnen den Zuschauer:innen dann noch weitere Charaktere, eingebettet in ihren ganz eigenen Fallstricken der Liebe. Wer sich also nun gefreut hat, die Handlung und ihre Beziehungsmuster durchblickt zu haben, der:dem sei versichert, dass die Aufführung den Verstand noch einmal gehörig durcheinandermischen wird.

Jörg Mannes © Jan Reiser

Louise Curien © Jan Reiser

Die Geschichte wird in klaren Szenen erzählt, die Charaktere für die Zuschauer:innen nachvollziehbar aufgebaut. Und dennoch wird die Aufführung keine wortwörtliche Übersetzung der Komödie Shakespeares sein. Das muss sie auch gar nicht. Shakespeares Komödie bietet verschiedene Ebenen, die ein sehr feinfühliges emotionales Gewebe bilden. Die sich darin abspielenden Änderungen von Stimmungen und Gefühlen lassen sich wiederum sehr gut im Tanz darstellen. Dennoch teilen Jörg Mannes und Louise Curien, stellvertretend für das Ballettensemble, den Anspruch, dass die Zuschauer:innen der Geschichte auch ohne eine Lektüre des Programmhefts folgen können. Generell sei es ihnen wichtig, verschiedene Lesarten zu haben, sodass jede Person etwas aus der Aufführung mitnehmen kann. Unabhängig davon, ob es ihr erstes Ballett ist oder ob sie Shakespeares „Was ihr wollt“ gerade aus der Hand gelegt hat.

Bereits 2015 erweckte Jörg Mannes zusammen mit dem Ballett der Staatsoper Hannover Shakespeares „Was ihr wollt“ zum Leben. Dennoch, so betont Mannes, wird sich die Magdeburger Aufführung deutlich von seiner früheren Arbeit unterscheiden. Für ihn gebe es unzählige Wege, eine Geschichte zu erzählen. Erst, wenn eine Aufführung über die Bühne gebracht wurde, bekäme er das Gefühl, das Stück verstanden zu haben. Diese neuen Erkenntnisse und Perspektiven finden dann Einzug in spätere Arbeiten.

Marco Marangio © Ida Zenna

Von den Proben bis zur Premiere

Das Magdeburger Ensemble fing direkt nach der Premiere von „Lydia/ Le Sacre du printemps“ Mitte Februar mit den Proben für das neue Ballett an. Für Louise Curien stellen die Proben einen Prozess dar. Jörg Mannes geht zwar mit dem Gedanken, welche Geschichte er und seine Compagnie erzählen möchte, in die Proben hinein, die Schritte und Bewegungen aber werden gemeinsam erarbeitet. Jede:r der Tänzer:innen hat eine ganz eigene Körpersprache und bringt unterschiedliche Ideen mit ein. Ist die Premiere dann über die Bühne gebracht, entwickelt das Ensemble die Choreografie immer noch weiter. Mit jeder Vorstellung verfestigen sich die Schritte und Bewegungen, die Besetzungen wechseln und machen so jede Vorstellung einzigartig. Während der gesamten Spielzeit musste noch keine einzige Ballettvorstellung krankheitsbedingt abgesagt werden. Aus diesem Grund wird jede Figur im Stück zweifach besetzt und darüber hinaus hält das Ensemble weitere Reserven parat.

Nach der Premiere ist vor der Premiere

Für die Tänzer:innen geht es gleich mit den Proben für das Musical „Catch Me If You Can“ beim diesjährigen DomplatzOpenAir weiter, bevor zu Beginn der kommenden Spielzeit die nächste Ballettpremiere im Haus ansteht. Louise Curien und Jörg Mannes berichten, dass sie dank der Proben als Compagnie sehr viel Zeit miteinander verbringen. Es bleibt wenig Zeit, die Stadt zu erkunden und dennoch freuen sich beide, nun in Magdeburg angekommen zu sein. Louise Curien, die zuletzt im Ballettensemble der Oper Halle engagiert war, findet es spannend, wie gerade das studentische Leben die Stadt in Bewegung bringt. Immer mehr jüngere Menschen würden den Weg ins Theater finden. Ein Grund der Freude für die Tänzerin und den Ballettdirektor. Beide wünschen sich, dass die Zuschauer:innen auch bei zukünftigen Aufführungen des Magdeburger Balletts viel Spaß haben werden.

Ballettensemble Theater Magdeburg © Ida Zenna

Das Magdeburger Ballett spielt „Was ihr wollt“ in dieser Spielzeit noch bis zum 29. Mai im Schauspielhaus. Alle Informationen zum Stück, zu den Spielterminen und den Ticketpreisen gibt es auf der Website des Theater Magdeburg.
Wer mehr über die Arbeit des Ballettdirektors Jörg Mannes und seiner Compagnie erfahren möchte, wie sie ihre erste Spielzeit in Magdeburg erlebt haben und welche Pläne sie für die kommende Spielzeit haben, hat in der Gesprächsreihe „Wir, das Ballett“ die Gelegenheit dazu. Die Gespräche finden jeweils am Donnerstag, den 04. und 25. Mai, um 19.30 Uhr in der Stadtbibliothek statt. Der Eintritt für diese Veranstaltung ist kostenlos.

Zum Schluss sei noch ein Blick in den Trailer der Ballettproduktion wärmstens zu empfehlen:

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Text: Tobias Bachmann